15. Juni 25. Thema: Die Freude Gottes an der Gemeinschaft – Die Dreifaltigkeit als Quelle unseres Lebens
Bibeltexte: Sprichwörter 8,22–31, Römer 5,1–5, Johannes 16,12–15
Gedanken zum Dreifaltigkeitssonntag
Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen,
heute feiern wir das Hochfest der Heiligsten Dreifaltigkeit. Ein Fest, das auf den ersten Blick sehr abstrakt erscheinen mag – drei Personen, ein Gott. Doch die Lesungen dieses Sonntags zeigen uns nicht nur ein theologisches Konstrukt, sondern die lebendige, dynamische Beziehung innerhalb Gottes selbst – und mit uns Menschen.
1. Die Weisheit Gottes – Ursprung der Schöpfung und Freude an den Menschen (Spr 8,22–31)
Im alttestamentlichen Buch der Sprüche (Sprichwörter) spricht die Weisheit wie eine Person: „Der Herr hat mich geschaffen als Anfang seines Weges … Ich war seine Freude Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit“ (Spr 8,22.30).* Die Weisheit war bei Gott, noch bevor es die Welt gab. Sie war da, als Gott den Himmel spannte und das Meer begrenzte.
Die "Stuttgarter Erklärungsbibel" erläutert, dass die Weisheit hier als personifizierte Größe erscheint, die Gottes Schöpfung begleitet und im Hintergrund eine kosmische, fast göttliche Funktion erfüllt – was im Judentum zu einer Brücke zur Logos-Theologie führt (vgl. Joh 1,1ff). Die Freude an den Menschen zeigt laut Kommentar, dass die Weisheit nicht distanziert ist, sondern sich mit der Schöpfung solidarisiert und besonders mit dem Menschen verbunden ist (Stuttgarter Erklärungsbibel, 2023, S. 936).*
Die "Neue Jerusalemer Bibel" betont zudem, dass die Weisheit als "Urbild der Schöpfung" erscheint. Ihre Beschreibung in Sprüche 8 sei ein poetischer Versuch, das kreative Wirken Gottes als beglückende Gemeinschaft mit der Weisheit zu schildern. Besonders betont wird hier die Nähe der Weisheit zum Menschen – ein Hinweis auf die tiefe Verbindung zwischen Schöpfer und Geschöpf (Neue Jerusalemer Bibel, 3. Aufl., Freiburg 2016, S. 1001).*
In der christlichen Deutung sehen viele in dieser Weisheit bereits einen Hinweis auf Christus, den "Erstgeborenen vor aller Schöpfung" (vgl. Kol 1,15).**
Die Freude der Weisheit an der Menschheit ist bemerkenswert: "Meine Freude war es, bei den Menschen zu sein" (Spr 8,31). Hier offenbart sich ein zentraler Gedanke: Gott hat Freude am Menschen, an Gemeinschaft. Der dreifaltige Gott ist kein distanzierter Herrscher, sondern ein liebender, kommunizierender Gott.
2. Frieden und Hoffnung durch die Gnade – Gott wendet sich uns zu (Röm 5,1–5)
Paulus bringt es im Römerbrief auf den Punkt: Durch Jesus Christus haben wir Zugang zur Gnade, zum Frieden mit Gott. Und dieser Friede bleibt nicht theoretisch, sondern trägt auch in Krisen: „Bedrängnis bewirkt Geduld, Geduld aber Bewährung, Bewährung Hoffnung“ (Röm 5,3-4).*
Die "Elberfelder Bibel mit Erklärungen" betont dazu: Die Bedrängnis wird nicht als Widerspruch zur Hoffnung gesehen, sondern als deren Nährboden. Gerade durch das Ertragen von Schwierigkeiten wächst geistliche Reife. Der ausgegossene Geist Gottes ist das konkrete Zeichen dieser Hoffnung – er ist gegenwärtig, erfahrbar, nicht nur Zusage (Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 2023).*
Die "Neue Jerusalemer Bibel" erläutert ergänzend, dass Paulus mit diesen Versen eine spirituelle Dynamik beschreibt: Leiden bringt nicht automatisch Heil, aber im Glauben wächst durch das Ertragen die Hoffnung auf die göttliche Herrlichkeit. Der Geist ist der Garant dafür, dass diese Hoffnung nicht leer bleibt (Neue Jerusalemer Bibel, 3. Aufl., Freiburg 2016).*
Ich erinnere mich an das Zeugnis einer Frau aus einer evangelikalen Gemeinde, die in einer tiefen Lebenskrise – Krankheit, Trennung, Jobverlust – diese Verse auswendig betete. Immer wieder: „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen ...“ Und sie erlebte es tatsächlich: Plötzlich Frieden, trotz Chaos. Kraft, obwohl äußerlich alles schwach war.
3. Der Geist der Wahrheit – Jesus offenbart, was wir (noch) nicht fassen können (Joh 16,12–15)
Im Evangelium kündigt Jesus den Heiligen Geist an – den "Geist der Wahrheit", der die Jünger in alle Wahrheit führen wird. Er wird nicht Neues erfinden, sondern das weitergeben, was Jesus gehört, was der Vater ihm gegeben hat.
Diese Verse stammen aus den Abschiedsreden Jesu – er weiß, dass die Jünger noch nicht alles verstehen können. Aber er verspricht ihnen eine Führung. Dieses "Noch nicht" ist tröstlich: Auch unser Glaube darf wachsen. Auch unsere Fragen, Zweifel und unser Nicht-Verstehen haben ihren Platz.
Die "Stuttgarter Erklärungsbibel" merkt dazu an: Der Geist führt nicht in eine andere Wahrheit, sondern in die volle Erkenntnis Jesu. Es geht um Vertiefung, nicht um Neuerfindung. Damit wahrt das Johannesevangelium die Einheit von Vater, Sohn und Geist – eine klare trinitarische Perspektive (Stuttgarter Erklärungsbibel, 2023).*
Die "Neue Jerusalemer Bibel" erklärt, dass sich in diesen Versen die Weitergabe göttlicher Offenbarung durch den Geist ausdrückt. Die Wahrheit ist kein abgeschlossener Besitz, sondern ein Weg, der durch den Geist geleitet wird – stets in der Einheit mit Christus und dem Vater (Neue Jerusalemer Bibel, 3. Aufl., Freiburg 2016).*
Eine katholische Christin, beschrieb es in einem Einkehrwochenende so: "Ich war überfordert von den vielen theologischen Begriffen, aber als ich im Gebet den Heiligen Geist um Erkenntnis bat, wurde mein Herz plötzlich weit. Ich verstand auf einmal – nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen."
Das ist die Dynamik des Geistes: Er führt tiefer hinein – in die Wahrheit und in die Liebe.
4. Der innere Zusammenhang der Lesungen und des Evangeliums: Die Dreifaltigkeit als Beziehungsgeschehen
Alle drei Bibeltexte zeigen uns: Gott will Beziehung. Schon in der Schöpfung – Weisheit bei Gott; in der Erlösung – Jesus schenkt Frieden und Hoffnung; in der Gegenwart – der Heilige Geist leitet uns. Dreifaltigkeit heißt nicht Isolation, sondern ewiger Austausch, ewige Liebe, ewige Gemeinschaft.
Der heilige Augustinus formulierte es in einem seiner berühmten Werke so: „Gott ist der Liebende, der Geliebte und die Liebe selbst“ (vgl. De Trinitate VIII,10).*
Auch die heilige Katharina von Siena spricht ähnlich: Sie erlebt Gott als Feuer, das in sich nicht verbrennt, sondern leuchtet und wärmt: „Du ewiges Feuer, in dir verbrennt nicht Hass, sondern wächst die Liebe“.*
Appell: Werde Teil der göttlichen Beziehung!
Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen,
die Dreifaltigkeit ist keine Kopfrechnung, sondern eine Einladung. Gott ruft dich in seine Beziehung hinein. Lass dich vom Geist leiten, nimm die Liebe Christi an, öffne dich dem Vater. Glaube nicht, dass du alles sofort verstehen musst. Bitte den Geist – er führt dich Schritt für Schritt.
Und: Sei ein Spiegel dieser göttlichen Beziehung in deiner Familie, deinem Beruf, deiner Gemeinde. Denn wo Liebe, Freude und Wahrheit gelebt werden, da wird GOTTES DREIEINIGKEIT sichtbar.
Gebet:
„Heiliger Gott, du ewige Gemeinschaft von Vater, Sohn und Heiligem Geist, wir danken dir, dass du uns kennst und trotzdem liebst und mit uns sein willst. Schenke uns offene Herzen für deine Wahrheit, ruhige Gedanken in der Bedrängnis, und Hoffnung, die bleibt. Lass uns mit dir verbunden leben – in Freude und in Verantwortung. Amen.“
Literaturverzeichnis:
1. Elberfelder Bibel mit Erklärungen. Witten: SCM R. Brockhaus, 2023
2. Stuttgarter Erklärungsbibel. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2023
3. Neue Jerusalemer Bibel. 3. Auflage. Freiburg: Herder, 2016
4. Augustinus, Über die Dreifaltigkeit (De Trinitate). Übersetzt von Wilhelm Geerlings. Freiburg: Herder, 1991.
5. Teresa von Ávila und Katharina von Siena in: Peter Dyckhoff (Hg.): Die großen Mystikerinnen, Freiburg: Herder, 2016.
6. Vatican News – Tagesevangelium:
https://www.vaticannews.va/de/tagesevangelium-und-tagesliturgie/2025/06/15.html
7. Bibeltexte: www.bibleserver.de