Predigt 3. August 2025:
"Reich in Gott – Leben jenseits des Windhauchs" oder
"Warum lebe ich überhaupt?
Bibeltexte:
Prediger Kohelet 1,2; 2,21–23 → https://www.bibleserver.com/EU/Kohelet1
Lukas 12,13–21 → https://www.bibleserver.com/EU/Lukas12
Kolosser 3,1–5.9–11 → https://www.bibleserver.com/EU/Kolosser3
Liebe Gebetsatelierfreunde und – freundinnen,
1. Der Bibeltext im Überblick
Der Abschnitt lautet:
> „Windhauch, Windhauch, alles ist Windhauch! Es kommt vor, dass ein Mensch mit Wissen, Können und Erfolg Reichtum erwirbt – und ihn schließlich jemandem überlassen muss, der sich nicht dafür angestrengt hat. Auch das ist Windhauch und ein großes Unglück. Was bleibt dem Menschen von all seiner Mühe und der Unruhe seines Geistes? Seine Tage sind voller Sorge und Ärger, und selbst nachts findet er keine Ruhe. Auch das ist Windhauch.“
2. Was soll damit gesagt werden?
a) Vergänglichkeit und Nichtigkeit des menschlichen Strebens
Kohelet (oder „Prediger“) beschreibt die Erfahrung, dass alles menschliche Tun, selbst größte Mühe und Erfolg, am Ende vergeblich sein kann. Ein Mensch investiert Kraft, Weisheit und Geschick, um Reichtum oder Besitz zu schaffen – doch oft profitiert ein anderer, der nichts dazu beigetragen hat. Das hinterlässt beim Betrachter ein Gefühl der Sinnlosigkeit.
➡ Kernaussage: Alles Tun „unter der Sonne“ (d. h. im diesseitigen Leben) bleibt unvollkommen, vergänglich und letztlich unfassbar. Besitz gibt keine letzte Sicherheit.
b) Frage nach dem Sinn des Lebens
Der Text wirft die existenzielle Frage auf: Wozu mühen wir uns ab, wenn das Erarbeitete uns entrissen oder an andere gegeben wird? Kohelet will seine Leser zum Nachdenken bringen: Ist es sinnvoll, sein Herz an vergängliche Güter zu hängen?
➡ Die Passage lädt ein, über den Sinn und Zweck des Lebens nachzudenken – jenseits von materiellen Erfolgen.
c) Warnung vor übertriebener Sorge
Der Prediger beschreibt, dass Sorgen und Ärger das Leben belasten und selbst die Nächte rauben. Wer sich ausschließlich um irdischen Besitz sorgt, findet keinen Frieden.
➡ Der Text mahnt, innerlich loszulassen und sich nicht von Sorgen versklaven zu lassen.
3. Was bedeutet der Begriff „Windhauch“?
Der hebräische Ausdruck lautet „hebel“ (הֶבֶל). Dieses Wort wird je nach Übersetzung mit:
Windhauch, Dunst, Nebel, Hauch, Leere, Nichtigkeit, Eitelkeit (ältere Luther-Übersetzungen) wiedergegeben.
Bedeutung des Begriffs:
👉 Bildhaft: „Windhauch“ bezeichnet etwas, das keine Substanz hat, das man nicht greifen kann, das vergänglich ist und schnell vergeht wie ein Hauch im Wind oder ein Atemstoß an einem kalten Morgen.
👉 Übertragen: Alles Irdische ist flüchtig, unbeständig und oft unbegreiflich. Der Begriff steht für die Unbeständigkeit des Lebens und seiner Güter.
👉 Theologisch: Kohelet will zeigen: Alles, was nur auf dieser Welt Bedeutung hat, ist letzten Endes unzuverlässig und kann den Menschen nicht erfüllen.
4. Bezug zur Gesamtbotschaft des Buches Kohelet
Das Buch Kohelet stellt durchgängig fest:
- Alles Irdische ist vergänglich,
- Der Mensch hat keine absolute Kontrolle über sein Leben,
- Weisheit, Mühe und Reichtum sind wertlos, wenn sie nicht auf Gott hin geordnet sind.
Das Buch soll nicht in Verzweiflung führen, sondern in die Demut: Der Mensch soll das Gute genießen, solange Gott es ihm gibt, und sich bewusst bleiben, dass alles Geschenk ist (vgl. Kohelet 2,24–26).
5. Praktische Bedeutung für heute
Der Text lehrt uns Bescheidenheit: Wir sollten uns nicht übermäßig an Besitz klammern.
Er mahnt zur Dankbarkeit für das, was uns heute geschenkt ist.
Er erinnert uns, den tieferen Sinn des Lebens nicht im Materiellen, sondern in der Beziehung zu Gott und zu den Mitmenschen zu suchen.
6. Zusammenfassung der Kohelet- Botschaft
👉 Kohelet 1,2; 2,21–23 will deutlich machen: Alles irdische Streben ist vergänglich wie ein Windhauch. Reichtum, Erfolg und Leistung bieten keinen bleibenden Halt. Wirkliche Erfüllung finden wir, wenn wir das Leben als Geschenk Gottes annehmen und im Bewusstsein leben, dass alles Irdische nur vorübergehend ist.
Im Folgenden lege ich den Text Lukas 12,13–21 ausführlich aus, erkläre den Zusammenhang zu Kohelet 1,2; 2,21–23.
1. Zusammenfassung von Lukas 12,13–21
In jener Zeit bat einer aus der Menge Jesus: „Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen!“ Jesus antwortete: „Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbteiler bei euch eingesetzt?“ Dann mahnte er: „Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier! Das Leben eines Menschen hängt nicht vom Überfluss seines Besitzes ab.“
Jesus erzählte ein Gleichnis: Ein reicher Mann hatte eine reiche Ernte. Er überlegte: „Was soll ich tun? Ich habe keinen Platz, um alles unterzubringen.“ Schließlich beschloss er: „Ich reiße meine Scheunen ab und baue größere, damit ich Vorräte lagern kann. Dann sage ich zu meiner Seele: Du hast Vorrat für viele Jahre. Ruhe dich aus, iss, trink und freue dich!“
Doch Gott sprach: „Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem gehört dann, was du angehäuft hast?“ Und Jesus schließt: „So geht es dem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber bei Gott nicht reich ist.“
2. Was soll damit gesagt werden?
a) Warnung vor Habgier
Jesus lehnt es ab, als Erbteiler in einen weltlichen Streit einzugreifen (vgl. Elberfelder Bibel mit Erklärungen, S. 1555). Stattdessen nutzt er die Gelegenheit, um grundsätzlich vor Habgier zu warnen. Besitz ist trügerisch, wenn er den Menschen von Gott entfremdet.
➡ Zentrale Aussage: Das Leben besteht nicht in Besitzanhäufung.
b) Torheit des reichen Mannes
Der Mann im Gleichnis ist reich, weil seine Felder viel Ertrag bringen. Doch statt dankbar zu sein oder anderen zu helfen, denkt er nur an sich und seine Zukunftssicherung. Sein Plan („Ruhe dich aus, iss, trink, freue dich“) zeigt, dass er seine Sicherheit allein im Materiellen sucht.
➡ Torheit: Er rechnet nicht mit der Möglichkeit, dass das Leben plötzlich endet. Besitz gibt keine Garantie für das Morgen.
c) Reichtum bei Gott
Am Ende macht Jesus klar: Es zählt nicht, irdische Schätze zu sammeln, sondern bei Gott „reich“ zu sein – das heißt: in der Beziehung zu Gott zu leben, mit offenem Herzen für den Nächsten.
3. Zusammenhang zum Kohelet-Text
Die Parallelen sind auffällig:
Kohelet 1,2; 2,21–23===Lukas 12,13–21
Besitz ist Windhauch, weil er vergehen kann oder an andere fällt. Besitz gibt keine Sicherheit vor dem Tod, er bleibt zurück.
Der Mensch müht sich, doch sein Ertrag nützt am Ende oft einem anderen. Der reiche Mann häuft an, aber stirbt, bevor er den Besitz genießen kann.
Sorge, Ärger und Unruhe prägen den Besitzenden. Der reiche Mann sucht Ruhe durch Besitz – vergeblich.
➡ Beide Texte kritisieren das Vertrauen auf Reichtum und rufen dazu auf, den Sinn des Lebens jenseits von materiellen Gütern zu suchen.
➡ Kohelet betont die Nichtigkeit des Besitzes, Jesus führt zur Konsequenz: Es kommt darauf an, vor Gott reich zu sein.
5. Zusammenfassung der Botschaft
👉 Kohelet und Lukas rufen auf, das Herz nicht an Besitz zu hängen.
👉 Der Mensch soll sich bewusst sein: Besitz ist vergänglich, Leben und Zukunft liegen in Gottes Hand.
👉 Was bleibt, ist die Beziehung zu Gott, das Tun des Guten und das Vertrauen auf seine Gnade.
6. Praktische Anwendung
Bescheidenheit üben und Dankbarkeit für das Heute entwickeln.
Reichtum nicht als Ziel des Lebens sehen.
„Reich bei Gott“ sein: sich um das Heil der Seele und um Liebe zum Nächsten bemühen.
Ich lege den Bibeltext Kolosser 3,1–5.9–11 ausführlich aus und zeige auf, wie er als göttliche Antwort und Alternative zu den in Kohelet 1,2; 2,21–23 und Lukas 12,13–21 geschilderten Fehlhaltungen zu verstehen ist. Die Auslegung stützt sich auf verlässliche Quellen, die ich am Ende benenne.
1. Zusammenfassung von Kolosser 3,1–5.9–11
> „Seid ihr nun mit Christus auferweckt, so strebt nach dem, was oben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt! Richtet euren Sinn auf das, was oben ist, nicht auf das Irdische! Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott. Wenn Christus, unser Leben, offenbar wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit. Darum tötet, was irdisch an euch ist: Unzucht, Unreinheit, Leidenschaft, böse Begierde und die Habsucht, die Götzendienst ist! ... Belügt einander nicht; denn ihr habt den alten Menschen mit seinen Taten abgelegt und den neuen Menschen angezogen, der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, um ihn zu erkennen. Da gibt es nicht mehr Griechen und Juden, Beschnittene und Unbeschnittene, Barbaren, Skythen, Sklaven, Freie, sondern Christus ist alles und in allen.“
2. Was soll damit gesagt werden?
a) Das neue Leben in Christus
Paulus beschreibt die Identität des Christen als ein Leben, das durch die Taufe mit Christus „gestorben“ und „auferweckt“ ist. Das heißt: Das alte Leben, das sich an Irdisches klammert, ist vorbei. Der Gläubige ist innerlich neu geworden und gehört Christus.
👉 Das wahre Leben ist „mit Christus verborgen in Gott“. Der Sinn des Lebens liegt im Himmlischen, nicht im Irdischen.
b) Fokus auf das „Oben“
„Strebt nach dem, was oben ist“ heißt: Ausrichtung auf Gott, auf das Ewige, auf das, was bleibenden Wert hat. Der Text ermutigt: Schaut über das Vergängliche hinaus und sucht, was wirklich erfüllt.
👉 Statt sich von Besitz, Leidenschaften oder Habgier bestimmen zu lassen, soll der Christ auf das göttliche Ziel hin leben.
c) Abkehr vom alten Menschen
Paulus nennt konkrete Fehlhaltungen, die abgelegt werden sollen: Unzucht, Unreinheit, Leidenschaft, böse Begierde und vor allem Habsucht, die er als Götzendienst bezeichnet. Diese Habsucht ist exakt die Haltung, die Kohelet und Jesus im Gleichnis des reichen Mannes kritisieren.
👉 Der „neue Mensch“ lebt aus der Beziehung zu Gott und erkennt den Schöpfer in allen Menschen – jenseits von Grenzen und Unterschieden.
3. Kolosserbrief als göttliche Antwort auf Kohelet und Lukas
a) Alternative zur Nichtigkeit (Kohelet)
Kohelet klagt: Alles Irdische ist Windhauch, vergeblich, flüchtig. Der Kolosserbrief bietet den Ausweg: Das Leben gewinnt bleibenden Sinn und Ziel in Christus. Wer nach dem „Oben“ strebt, wird nicht mehr von Vergänglichkeit enttäuscht, sondern ist auf das Ewige ausgerichtet.
👉 Göttliche Alternative: Christus gibt dem Leben bleibenden Wert – über Windhauch und Nichtigkeit hinaus.
b) Alternative zur Torheit des reichen Mannes (Lukas)
Der Reiche vertraut auf seine Vorräte – und verliert alles. Kolosser 3 ruft dazu auf, das Herz nicht an irdische Sicherheiten zu hängen, sondern den „neuen Menschen“ zu leben, der „bei Gott reich ist“ (Lk 12,21).
👉 Göttliche Antwort: Statt irdische Scheunen zu füllen, sollen wir „himmlische Schätze“ suchen (vgl. auch Mt 6,20).
c) Göttliche Perspektive: Christus ist alles
Paulus zeigt: Wer in Christus lebt, ist nicht mehr durch irdische Kategorien (Besitz, Status, Volk) bestimmt. Christus ist das Zentrum und Ziel – das wahre Reichtum.
👉 Keine Gier, keine Angst vor dem Verlust, keine Nichtigkeit: In Christus ist das Leben geborgen.
5. Zusammenfassung der göttlichen Alternative –
Von Kohelet über Lukas zu Kolosser
👉 Kohelet: Besitz = Windhauch → Alles Irdische vergeht. 👉 Lukas: Besitz = Torheit → Schätze ohne Gott vergehen im Tod. 👉 Kolosser: Besitz in Christus = neues Leben → Strebt nach dem, was oben ist. Hier liegt die wahre Bestimmung und Sicherheit des Menschen.
6. Praktische Botschaft
Richte dein Herz auf Christus, nicht auf Besitz.
Sieh dein Leben als verborgen in Gott – getragen von seiner Liebe.
Lebe als „neuer Mensch“, der mit Christus auferstanden ist und seine Würde aus Gott schöpft.
Der Zusammenhang: Die göttliche Antwort
Kohelet und das Lukasevangelium zeigen das Problem: Das Herz hängt am Irdischen – und erntet Enttäuschung. Der Kolosserbrief gibt die Antwort: Das Herz wird neu, wenn es sich an Christus bindet. Besitz wird relativ, weil Christus alles in allen ist (Kol 3,11). Dies ist die Einladung Gottes: "Richtet euren Sinn auf das, was oben ist, nicht auf das Irdische." (Kol 3,2).
Stimmen aus der evangelischen Tradition
Martin Luther schrieb: "Woran du dein Herz hängst und worauf du dich verlässt, das ist eigentlich dein Gott." (Großer Katechismus, Erläuterung des 1. Gebots). Und Dietrich Bonhoeffer mahnt: "Das Herz des Menschen kann nicht an zwei Herren hängen. Wer sein Herz an den Mammon hängt, der hängt es an die Welt und ist der Hölle verfallen." (Ethik, 1949).
6. Praktische Anwendung
Wir sind eingeladen, unser Herz neu auszurichten:
Dankbar das Heute annehmen.
Besitz als Gabe Gottes sehen, nicht als Lebensinhalt.
Reich in Gott werden, indem wir auf Christus blicken, Gutes tun und teilen.
7. Gebet (Fürbitten)
Herr, wir bitten dich:
1. Stärke uns, dass wir unseren Sinn auf das Himmlische richten.
2. Hilf allen, die von Sorgen um Besitz erdrückt werden.
3. Lass uns dankbar sein für das, was du uns schenkst.
4. Schenke Weisheit den Reichen, ihr Vermögen zum Wohl anderer zu nutzen.
5. Tröste die, die durch Verlust von Besitz verzweifelt sind.
6. Erneuere unsere Herzen in Christus, dem wahren Reichtum.
Quellen der Auslegung
Ich stütze mich auf folgende Quellen:
Elberfelder Bibel mit Erklärungen (9. Aufl., 2023), Kommentar zu Lk 12,13–21: Hinweis auf den Unterschied zwischen äußerem Besitz und innerer Haltung; Warnung vor trügerischer Sicherheit durch Güter.
Stuttgarter Erklärungsbibel (3. Aufl., 2007), S. 1267: Deutet das Gleichnis als Mahnung, den Vorrang der Beziehung zu Gott vor dem Besitz anzuerkennen.
Neue Jerusalemer Bibel (3. Aufl., 1985), S. 1981: Weist auf die Nähe der Gedankenwelt des Lukastextes zur Weisheitsliteratur (insbesondere Kohelet) hin.
Benedikt XVI. (Jesus von Nazareth, Bd. 1): Deutet die Mahnung Jesu in Lk 12 als Teil seiner umfassenden Lehre über den rechten Umgang mit irdischen Gütern (vgl. S. 237–239).
Katechismus der Katholischen Kirche (KKK 2547): „Der Herr beklagt das Elend der Reichen, weil sie ihre Güter haben (vgl. Lk 6,24). Der stolze Reichtum ist blind für den Reichtum des Himmels.“
Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 9. Aufl. 2023, Kommentar zu Kol 3,1–11: Betonung der neuen Identität des Gläubigen und der Notwendigkeit, das irdische Denken abzulegen.
Stuttgarter Erklärungsbibel, 3. Aufl. 2007, S. 1312: Kolosserbrief als ethischer Aufruf zur Heiligung – Gegensatz zur Torheit des reichen Mannes und zur Nichtigkeit des Kohelet.
Neue Jerusalemer Bibel, 3. Aufl. 1985, S. 2021: Deutung des neuen Menschen als Bild der wahren Schöpfung, jenseits der Windhauch-Existenz.
Katechismus der Katholischen Kirche (KKK 2547): „Der Herr beklagt das Elend der Reichen, weil sie ihre Güter haben.“
Benedikt XVI., Jesus von Nazareth, Bd. 1, S. 237ff: Christus als das Ziel des Lebens, das alle irdischen Sicherheiten übersteigt.
Texte aus Kevelaer
Erstellt von Werner Th. Jung, Gebetsatelier Kevelaer
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