Predigt 21. September 2025
Liebe Leserin, lieber Leser,
im Folgenden präsentiere ich verschiedene Arten von Predigten bzw. Reflexionen von Bibeltexten:
A) Amos trifft Friedrich Engels (eine Kombination von verschiedenen Predigtformen)
B) Eine klassische Predigt bzw. Bibelarbeit mit Vers-für-Vers-Auslegung und Erklärung
C) Mehrere Kurzpredigten basierend auf die Lesungen und das Evangelium vom 21. September 2025 : Narrative (erzählende) Predigt, biographische Predigt, dialogische Predigt,
Für Familienandachten und Bibelkreise empfehle ich B) und für Menschen, die ihre Predigt für den 21. September 2025 noch vorbereiten wollen, schlage ich mit den folgenden Ausführungen viele Ideen vor, die teilweise oder ganz aufgegriffen werden dürfen.
Mir haben die Ausführungen zu dem fiktiven Treffen des alten Propheten Amos mit dem späteren Kommunisten Friedrich Engels besondere Freude gemacht. 😊.
Ich würde mich über Rückmeldungen, auch über Verbesserungsvorschläge freuen. Bitte schreiben Sie mir eine entsprechende E-Mail:
TEXTE AUS KEVELAER WERNER JUNG E-MAIL. BITTE HIER ANKLICKEN.
(A) Einleitung zur Predigt zu Amos (8,4–7) trifft Friedrich Engels,
Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen und Leser aus aller Welt,
Wer war Friedrich Engels?
wir schreiben das Jahr 1830. In den Straßen von Elberfeld, heute Teil von Wuppertal, leben fromme Christen, die sich in Hauskreisen versammeln, Bibelübersetzungen vorantreiben und sich für Erweckung und tätige Nächstenliebe einsetzen. Es ist ein Zentrum evangelischer Erneuerung, aus dem die „Elberfelder Bibel“ hervorgehen wird, ebenso wie viele freie Gemeinden, diakonische Werke und Bibelschulen. Hier wird der Glaube nicht nur gepredigt, sondern auch praktisch gelebt – zumindest von vielen.
Doch im gleichen Elberfeld wächst auch ein junger Mann auf, der dieses fromme Milieu sehr genau beobachtet: Friedrich Engels, geboren 1820 in Barmen, besucht das humanistische Gymnasium in Elberfeld und erlebt die Gegensätze hautnah: Auf der einen Seite die Bibelabende und Predigten, auf der anderen Seite die gnadenlose Ausbeutung der Arbeiter durch viele der gleichen „christlichen“ Unternehmer, darunter auch sein eigener Vater. Engels wird später schreiben, dass ihn gerade diese Heuchelei – das Auseinanderklaffen von religiösem Bekenntnis und wirtschaftlichem Handeln – tief geprägt habe.
(Weitere detailliertere Informationen zu Friedrich Engels finden sich ganz unten auf dieser Seite).
Wer war der Prophet Amos?
Wer war Amos?
Amos war kein Priester und kein angesehener Gelehrter. Er war ein Viehzüchter und Maulbeerfeigenpflanzer aus Tekoa, einem kleinen Ort im Süden Judas. Gott rief ihn in den Norden, ins wohlhabende Nordreich Israel. Dort sollte er Unrecht aufdecken – besonders unter den Reichen.
Zur Zeit von Amos (ca. 760 v. Chr.) ging es Israel wirtschaftlich sehr gut. Es gab Luxus, Handel und politischen Frieden. Doch unter der Oberfläche herrschte große soziale Ungerechtigkeit. Die Armen wurden systematisch unterdrückt. Amos warnt: Diese Ordnung wird nicht bestehen – Gott wird Gericht halten.
In verschiedenen Situationen treffen Friedrich Engels und der Prophet Amos nun aufeinander:
A1) Dialogische Predigt – Einleitung: „Wenn sie auf Amos gehört hätten…“
Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen und Leser aus aller Welt,
stellen wir uns eine Begegnung vor, die sich nie ereignet hat – aber vielleicht die Geschichte verändert hätte.
Ein junger Mann aus dem 19. Jahrhundert steht da, Sohn eines reichen Textilfabrikanten aus dem Wuppertal. Seine Familie ist fromm, bibeltreu, calvinistisch. Aber in den Websälen seiner Heimatstadt atmet er nicht nur den Staub der Baumwolle – sondern auch die Luft der Heuchelei. Fromme Worte, doch ausgebeutete Menschen. Abendandacht im Salon – Hungerlöhne in der Spinnerei. Dieser junge Mann heißt Friedrich Engels.
Stellen wir uns vor: Inmitten dieser spannungsvollen Atmosphäre, in der sonntags gepredigt und werktags geknechtet wird, erscheint plötzlich ein Mann mit rauer Stimme, sonnenverbrannter Haut, aus dem Süden Israels: Amos, der Schafhirte aus Tekoa. Er tritt auf wie ein Donnerschlag – unangekündigt, ungebeten, aber unüberhörbar. Und er beginnt zu reden. Nicht zu den Armen, sondern zu den Reichen. Nicht zu den Heiden, sondern zu den Frommen. Nicht mit freundlicher Einladung, sondern mit göttlicher Anklage:
„Ich hasse eure Feste! Ich kann eure Gottesdienste nicht riechen. Hört auf mit dem Lärm eurer Lieder. Lasst lieber das Recht strömen wie Wasser und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“ (Amos 5,21–24)
Engels hört ihm zu – und nickt. Genau das habe ich erlebt, denkt er. Wenn das Evangelium der Reichen so aussieht – dann will ich ein anderes Evangelium.
Doch Amos bleibt nicht stehen bei der Anklage. Er ruft zur Umkehr. Er stellt die Gerechtigkeit wieder ins Zentrum. „Sucht das Gute, nicht das Böse, dann werdet ihr leben!“ (Amos 5,14)
Was wäre, wenn man im Wuppertal damals auf Amos gehört hätte?
Wenn man dem Schafhirten geglaubt hätte – statt nur dem Profit? Vielleicht hätte Friedrich Engels nie mit Karl Marx die Alternative im Kommunismus gesucht. Vielleicht hätte man nicht Millionen Menschen unter einem atheistischen System versklavt, das aus Enttäuschung über die Heuchelei der Kirche geboren wurde. Vielleicht – ja vielleicht – wäre ein barmherziger Kapitalismus mit gerechter Verteilung entstanden, getragen vom Geist Gottes.
Aber man hörte nicht auf Amos, obwohl das Buch Amos in den Bibellesungen vorkam. Und so musste Engels ein Gegenmodell entwerfen.
Heute aber hören wir beide Stimmen: Die des Propheten Amos – und die des enttäuschten Friedrich Engels. Sie stehen sich gegenüber. Und wer genau hinhört, merkt: Amos gewinnt diesen Dialog. Nicht mit Ideologie – sondern mit Wahrheit. Nicht mit Macht – sondern mit Gerechtigkeit. Und vielleicht auch mit einem letzten Funken Hoffnung.
1 B) Dialogische Predigt: „Wachet auf, ihr Frommen – Amos spricht!“
Personen:
1) Amos, Prophet Gottes, Schafhirte aus Tekoa
Vertreter der frommen Oberschicht aus Wuppertal im 19. Jh. (fiktiv komponiert aus Aussagen des Milieus, das Engels prägte)
2) Engels, Zuhörer und späterer Kritiker
Erzählerstimme (Prediger)
Szene: Eine Industriehalle in Elberfeld. Es ist Sonntag. Draußen läuten die Glocken. Drinnen arbeiten Kinder und Frauen an Spinnmaschinen. Ein „Hausvater“ hält gerade eine Bibel in der Hand – doch dann betritt Amos die Szene.
Amos (laut):
Ihr tretet die Armen mit Füßen! Ihr bringt eure Opfer dar – aber ihr beutet die Schwachen aus. Gott verabscheut euren Gesang. Ich habe es satt! (vgl. Amos 5,11.21–23)
Frommer Hausvater:
Wer wagt es, so zu reden in Gottes Namen? Wir sind gesegnet! Unsere Firma finanziert doch die neue Kirchenbank und den Kindergarten!
Amos (mit erhobener Hand):
Ihr gebt zehn Prozent – aber ihr stehlt mit den anderen neunzig. Eure Almosen sind kein Ersatz für Gerechtigkeit. Der Gerechte wird verfolgt, der Arme bestochen, das Recht wird verdreht im Stadttor! (vgl. Amos 5,10)
Engels (leise):
Das habe ich gesehen, als ich Kind war. Gebete zu Hause – Löhne wie im Kerker. Eure Frömmigkeit hat mir den Glauben genommen.
Hausvater (entrüstet):
Und was willst du, Prophet? Dass wir unsere Fabrik schließen? Dass die Welt gleich wird?
Amos (fest):
Ich will, dass ihr Gott ehrt – nicht mit Lippen, sondern mit Taten! Hört auf mit Heuchelei. Lasst das Recht strömen wie Wasser, die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach! (Amos 5,24)
Hausvater:
Aber die Armen sind doch selbst schuld. Wer betet, dem wird geholfen. Sola fide – der Glaube rettet.
Amos:
Der Glaube, der keine Gerechtigkeit bringt, ist tot. Ihr tretet den Kopf der Schwachen in den Staub, und Sohn und Vater gehen zur selben Magd! (Amos 2,7) Und ihr nennt das Gottesfurcht?
Engels (sarkastisch):
Ich hätte euch geglaubt, wenn ihr eure Arbeiter wie Brüder behandelt hättet. Vielleicht hätte es keinen Kommunismus gebraucht.
Amos (leiser, zu Engels):
Nicht Gott hat dich enttäuscht – sondern die, die seinen Namen missbrauchten.
Hausvater (unsicher):
Was sollen wir tun?
Amos:
Tut Buße. Sucht das Gute, nicht das Böse – dann werdet ihr leben! (Amos 5,14)
Engels (nachdenklich):
Hätte ich dich gekannt, Amos… vielleicht wäre mein Herz nicht so bitter geworden.
Erzähler (Prediger):
So endet der Dialog. Amos spricht wie damals – klar, hart, gerecht. Engels bleibt gezeichnet – aber nicht hoffnungslos. Und die Frommen? Sie sind aufgerufen, ihr Leben zu ändern.

Was ich aus diesem Text lernen möchte:
Ich möchte nie übersehen, wie gefährlich religiöse Heuchelei ist. Ich will nicht zu denen gehören, die beten – aber gleichzeitig ausbeuten. Ich will Amos hören – bevor Menschen wie Engels sich enttäuscht von Gott abwenden. Und ich will mich an die Seite derer stellen, die keine Stimme haben – weil Gott sie hört.
A3) Biographische Predigt: „Als Friedrich Engels Gott verlor – und Amos ihn hätte retten können“
Thema:
Was geschieht, wenn fromme Worte und ungerechtes Handeln nebeneinander existieren? Eine biographische Spurensuche.
Bibeltexte:
Amos 8,4–7 (Schwerpunkt) , Lukas 16,1–13, 2. Timotheus 2,1–13
Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen und weltweite Leser,
manchmal entscheidet sich ein ganzes Jahrhundert an einer einzigen Kindheitserfahrung. Friedrich Engels – Mitbegründer des Marxismus – wuchs in einem frommen, protestantisch-pietistischen Elternhaus in Wuppertal auf. Doch was er dort erlebte, prägte ihn tief – und trug später zur radikalen Ablehnung des Christentums bei.
Engels sah, wie fromme Fabrikanten in die Kirche gingen – und gleichzeitig ihre Arbeiterinnen schlecht bezahlten, ihre Kinder ausbeuteten und sonntags predigen ließen, während werktags das Recht im Stadttor verdreht wurde. Genau das, was Amos anklagte: „Hört dies, die ihr die Armen zertretet und die Bedürftigen im Land vernichtet!“ (Amos 8,4)
Diese Verse hätten in Elberfeld gepredigt werden müssen.
Ein Junge, der Gottes Namen hörte – und Schweigen erlebte
Engels’ Vater las die Bibel. Er spendete für die Kirche. Und doch sagte der Sohn später bitter: „Ich habe den Protestantismus als Heuchelei kennengelernt.“ (vgl. Friedrich Engels, Briefwechsel). Anmerkung: Hier soll nicht einseitig der Protestantismus, oder die Elberfelder Spiritualität schlecht dargestellt werden. Die von Engels kritisierte Heuchelei findet sich leider in Vergangenheit und Gegenwart in allen Kirchen.
Wenn wir ehrlich sind: Amos würde heute in manchen Kirchengemeinden nicht gern gesehen sein. Zu radikal. Zu unbequem. Doch seine Stimme ist Gottes Stimme: „Ich werde nie vergessen, was ihr getan habt.“ (Amos 8,7)
A4 Narrative Predigt: „Als Amos durch die Straßen von Elberfeld ging“
Es war ein Sonntagmorgen im Jahr 1838.
Ein junger Friedrich sitzt auf einer unbequemen Kirchenbank in Elberfeld. Die Predigt rauscht an ihm vorbei. Es geht um Moral, Gehorsam und Ordnung. Doch draußen, vor der Kirchentür, weiß er, was seine Familie wirklich tut: Kinder arbeiten in der Spinnerei seines Vaters, 12 Stunden täglich. Alte Frauen werden mit Almosen abgespeist, während die Gewinne steigen. Und zu Hause redet man über Christus – und über Dividenden.
Friedrich schaut auf das goldene Kreuz über dem Altar. In seinem Herzen wächst ein Zweifel. Nicht an Gott. Sondern an den Menschen, die in seinem Namen reden.
Plötzlich öffnet sich die Tür. Und ein fremder Mann tritt ein.
Er trägt einen groben Mantel. Sand an den Füßen. Und seine Stimme ist laut – zu laut für diese Gemeinde:
„Hört dies, ihr Reichen von Elberfeld! Ihr kauft Arme um Silber und Bedürftige für ein Paar Sandalen! Ihr verdreht das Maß, ihr betrügt mit der Waage! Der Herr wird nicht vergessen, was ihr getan habt!“ (vgl. Amos 8,4–7)
Es ist Amos. Der Prophet aus Israel. Durch ein Wunder steht er nun in dieser deutschen Kirche. Der Pfarrer schweigt. Die Kirchenältesten erbleichen. Friedrich – erst 18 – steht auf. Zum ersten Mal hört er, dass es auch andere Christen gibt. Mutige. Ehrliche. Zornige. Und barmherzige.
Draußen trifft er Amos.
„Du glaubst an Gott?“, fragt Friedrich.
„Ich glaube an den, der Gerechtigkeit wie Wasser fließen lässt“, sagt Amos. „Nicht an fromme Worte, sondern an gerechtes Handeln.“
„Aber alle, die ich kenne, reden nur … und tun nichts.“
„Dann sei du der Erste, der anders handelt.“
Später in der Geschichte
Engels wird erwachsen. Er trifft Marx. Er liest die Bibel – und legt sie weg. Zu viel Heuchelei. Zu viele Predigten – zu wenig Gerechtigkeit.
Doch da ist etwas, das nicht weicht: Amos’ Stimme. Jesu Gleichnis vom ungerechten Verwalter. Und Paulus’ Worte an Timotheus: „Wenn wir untreu sind – er bleibt treu.“
Vielleicht, so denkt Friedrich, gibt es da doch etwas Größeres als menschliche Systeme.
Die Geschichte endet offen.
Engels stirbt – und Gott allein kennt sein Herz.
Aber wir – wir können heute entscheiden: Hören wir auf Amos? Verwalten wir das, was uns anvertraut ist, mit Klugheit? Bleiben wir Jesus treu, auch wenn wir zweifeln?
Was ich aus dieser Geschichte lernen möchte
Ich will kein Mitläufer in einer bequemen Kirche sein. Ich will ein Amos-Mensch sein. Einer, der aufsteht. Der redet. Der Gerechtigkeit lebt. Und einer, der anderen den Glauben nicht nimmt – sondern zurückgibt.
Was wäre gewesen, wenn das Umfeld von Engels nicht nur gebetet, sondern auch wirklich auf die Worte des Propheten Amos gehört hätte? Wenn die Frommen sich dem Ruf zur Gerechtigkeit gestellt hätten, statt ihn mit Frömmigkeit zu übertönen?
Vielleicht wäre der junge Engels nicht zum geistigen Vater des wissenschaftlichen Sozialismus geworden, sondern ein leidenschaftlicher Mahner wie Amos selbst – für eine echte Versöhnung von Glauben und Gerechtigkeit.
Diese Spannung zwischen Glaube und Leben, zwischen Gerechtigkeit und Frömmigkeit, ist bis heute aktuell. Und sie führt uns mitten hinein in die Botschaft des Amos, der ruft:
„Hört dieses Wort, die ihr die Armen verfolgt und die Gebeugten im Land unterdrückt!“ (Am 8,4)
¹ Friedrich Engels, Die Lage der arbeitenden Klasse in England (Leipzig: Otto Wigand, 1845), 34–36.
² Karl Marx, „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“, Deutsch-Französische Jahrbücher (1844), 71.
³ Friedrich Engels an Karl Marx, Brief vom 24. Juni 1868, in: MEW, Bd. 32, Berlin: Dietz, 1965, 187.
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B) Klassische Predigt mit Vers- für Vers-Auslegung: Thema: Mit klarem Herzen – Gott dienen in Gerechtigkeit, Klugheit und Fürbitte
Bibeltexte zur Predigt:
Amos 8,4–7, Lukas 16,1–13 und 1. Timotheus 2,1–8
Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen und weltweite Leser,
es ist kein leichter Sonntag. Die drei Lesungen des heutigen Tages konfrontieren uns mit harter Realität: wirtschaftliche Ungerechtigkeit, unkluges Verwalten von Ressourcen, der Umgang mit Macht und Autorität. Aber in all dem liegt auch ein großer Schatz verborgen: Gottes Ruf zu einem geistlich klugen, verantwortlichen und betenden Leben – mitten in dieser Welt. Es geht heute nicht um moralische Perfektion, sondern um geistliche Reife. Darum, wie wir mit dem umgehen, was uns anvertraut ist.
Erste Lesung: Amos 8,4–7 – „Hört dieses Wort, die ihr die Armen verfolgt!“
Der Prophet Amos, ein Viehzüchter aus Tekoa, erhebt seine Stimme gegen den Alltag der Habgier: Händler, die sich über die Feiertage ärgern, weil sie endlich wieder betrügen wollen. Eine Wirtschaft, die den Armen wegen ein paar Sandalen verkauft. Waagen werden manipuliert, Getreidereste zu Geld gemacht. Es ist die Beschreibung eines Systems – nicht nur eines einzelnen Fehlverhaltens.
Die Neue Jerusalemer Bibel betont hier, dass Amos nicht im Tempel redet, sondern an den Stadttoren – dort, wo Märkte, Geschäfte und soziale Beziehungen stattfinden. Seine Botschaft: Der Glaube an den Gott Israels duldet keine soziale Ausbeutung.
Auch Martin Luther warnt in seinen Auslegungen der alttestamentlichen Propheten vor der „Frömmigkeit mit vollem Geldbeutel“ – sie sei trügerisch, wenn das Herz kalt bleibt. Glaube müsse sich in Gerechtigkeit äußern, besonders im Umgang mit den Armen.
Die STAMPS-Studienbibel verweist darauf, dass wahre Frömmigkeit sich immer am Umgang mit Schwachen zeigt. In freikirchlichen Gemeinden ist dieser Text häufig Ausgangspunkt für soziale Initiativen wie Kleiderkammern, Schuldnerberatung oder „Armenkühlschränke“.
Auch orthodoxe Theologen, etwa die Kirchenväter Basilius der Große und Johannes Chrysostomos, mahnen: Der Reichtum gehört nicht dem Besitzer allein – er ist zur Verteilung bestimmt. Wer mehr hat, schuldet es den Bedürftigen.
Erfahrungsbeispiel: In einer ostdeutschen Stadt hat eine evangelische Gemeinde eine wöchentliche „Tausch- und Segnungsbörse“ eingerichtet. Wer viel hat, bringt. Wer braucht, nimmt. Keine Kontrolle, kein Druck – aber Gerechtigkeit im Geist von Amos.
Nun zur Vers-für- Vers- Auslegung: Amos, ein Prophet aus der Provinz
Wer war Amos?
Amos war kein Priester und kein angesehener Gelehrter. Er war ein Viehzüchter und Maulbeerfeigenpflanzer aus Tekoa, einem kleinen Ort im Süden Judas. Gott rief ihn in den Norden, ins wohlhabende Nordreich Israel. Dort sollte er Unrecht aufdecken – besonders unter den Reichen.
Zur Zeit von Amos (ca. 760 v. Chr.) ging es Israel wirtschaftlich sehr gut. Es gab Luxus, Handel und politischen Frieden. Doch unter der Oberfläche herrschte große soziale Ungerechtigkeit. Die Armen wurden systematisch unterdrückt. Amos warnt: Diese Ordnung wird nicht bestehen – Gott wird Gericht halten.
Vers 4: „Hört dieses Wort, die ihr die Armen verfolgt und die Gebeugten im Land unterdrückt!“
Amos beginnt mit einer direkten Anrede. Er sagt nicht „Liebe Brüder und Schwestern“, sondern: „Hört!“ Das ist ein prophetischer Ruf – wie ein Weckruf.
„Die Armen verfolgen“ heißt hier nicht nur: sie auslachen oder schlecht behandeln. Es bedeutet: systematisch benachteiligen – durch Gesetze, Preise, Schulden.
„Die Gebeugten unterdrücken“ meint Menschen, die schon schwach und am Boden sind. Sie werden nicht gestützt, sondern noch weiter heruntergedrückt.
Amos nennt keine Einzelfälle. Er spricht ganze Berufsgruppen und Gesellschaftsschichten an – Händler, Beamte, Reiche. Es geht um strukturelles Unrecht.
Vers 5: „Ihr sagt: Wann ist das Neumondfest vorbei, dass wir Getreide verkaufen, und der Sabbat, dass wir den Kornspeicher öffnen können?“
Hier zitiert Amos die Gedanken der Händler – nicht wörtlich, sondern sinnbildlich.
Das Neumondfest war ein gesetzlicher Ruhetag. Auch der Sabbat war ein heiliger Tag, an dem nicht gearbeitet werden durfte (vgl. 2 Mose 20,10). Doch die Händler fragen sich nur: Wann ist es endlich vorbei? Wann dürfen wir wieder Geld machen?
Das zeigt ihre innere Haltung: Sie halten die Feste ein – aber nicht aus Glauben, sondern aus Zwang. Ihre Herzen sind beim Geschäft, nicht bei Gott.
Diese Heuchelei ist das Gegenteil von wahrer Frömmigkeit. Äußerlich religiös – innerlich geldgierig.
Vers 5b–6: „Wir wollen das Hohlmaß kleiner und das Silbergewicht größer machen, wir fälschen die Waage zum Betrug, um für Geld die Geringen zu kaufen und den Armen wegen eines Paars Sandalen.“
Jetzt wird Amos konkret.
Ein „Hohlmaß“ war ein Gefäß für Getreide. Wenn man es verkleinerte, bekam der Käufer weniger als er bezahlte.
„Das Silbergewicht größer machen“ bedeutet: Man verlangt mehr Geld, als der Wert rechtfertigt – also versteckte Preiserhöhung.
„Waage fälschen“ meint die bewusste Manipulation beim Wiegen – ein direkter Betrug.
Amos klagt an: Ihr nutzt Armut aus. Ein Mensch wird wegen ein paar Sandalen in die Schuldknechtschaft verkauft. Damals konnten Schuldner zur Bezahlung ihrer Schulden als Sklaven verkauft werden (vgl. 2 Kön 4,1). Es war legal – aber moralisch verwerflich.
Hier sehen wir: Wirtschaft ohne Gerechtigkeit wird zu Gewalt.
Vers 6b: „Sogar den Abfall des Getreides machen wir zu Geld.“
Damit ist gemeint: Die Händler verkaufen nicht nur gutes Getreide, sondern auch das, was übrig bleibt – Staub, Reste, Schimmel.
Sie nutzen jede Gelegenheit, um Profit zu machen – ohne Rücksicht auf Qualität, Gesundheit oder Gerechtigkeit.
Diese Haltung zeigt: Es geht nicht mehr um Versorgung, sondern nur noch um Gewinn. Der Mensch ist dabei egal.
Vers 7: „Beim Stolz Jakobs hat der Herr geschworen: Keine ihrer Taten werde ich jemals vergessen.“
„Der Stolz Jakobs“ ist eine Umschreibung für Gott selbst – der Gott Israels. Amos verwendet diesen Ausdruck selten, aber mit Nachdruck. Es ist ein feierlicher Schwur.
Gott schwört: Ich sehe alles. Ich vergesse nichts. Eure Taten werden Konsequenzen haben.
In einer Kultur, in der Opfer, Liturgie und religiöse Feste den Alltag bestimmten, war das ein Schock. Amos sagt: Gott sieht nicht auf eure Gebete – sondern auf eure Waagen. Euer Altar ist falsch, wenn eure Händler betrügen.

Was dieser Text uns heute sagen kann
Amos spricht in eine Welt, die der unseren erschreckend ähnlich ist:
- wirtschaftlicher Erfolg auf Kosten der Armen
- religiöse Fassade ohne echtes Herz
- Preismanipulation, Profitgier, Ausbeutung
- Desinteresse an den Schwachen
Die Botschaft ist klar: Gott sieht – und Gott schweigt nicht.
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Evangelium: Lukas 16,1–13 – „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“
Das Gleichnis vom ungerechten Verwalter verwirrt. Ein Mann betrügt seinen Herrn – und wird für seine Klugheit gelobt? Jesus provoziert: Er stellt nicht das Verhalten, sondern die Entschlossenheit heraus.
Die Elberfelder Studienbibel verweist darauf, dass der Verwalter in einer Notlage handelt. Ihm bleibt wenig Zeit – also denkt er voraus. Jesus fordert seine Hörer indirekt auf: Seid klug! Nutzt eure Zeit und Mittel für das Reich Gottes.
Luther kommentierte: „Der Mammon ist ein guter Knecht, aber ein böser Herr.“ Es geht darum, mit Besitz so umzugehen, dass er dient – nicht regiert.
Die STAMPS-Studienbibel legt dieses Gleichnis missionarisch aus: Wer klug verwaltet, investiert nicht in Luxus, sondern in Menschen. Viele freikirchliche Gemeinden sehen darin einen Ruf zur guten Haushalterschaft: Spenden, Projekte, Evangelisation mit Weitblick.
In der orthodoxen Auslegung, etwa bei Theophylakt von Ohrid, geht es um geistliche Wachsamkeit: Der Verwalter erkennt, dass sein Ende naht – so soll auch der Christ immer bereit sein. Nicht mit Angst, sondern mit kluger Liebe.
Konkretes Beispiel: Ein Unternehmer, tief bewegt durch dieses Gleichnis, kündigte einen Großauftrag mit Waffenkomponenten – und investierte stattdessen in ein Bildungszentrum für benachteiligte Jugendliche. „Ich kann nicht Gott dienen und dem Mammon“, sagte er schlicht.

Nun zur Vers-für-Vers- Auslegung des Lukas-Textes:
Lukas 16,1 – Einführung in das Gleichnis
„Ein reicher Mann hatte einen Verwalter. Diesen beschuldigte man bei ihm, er verschleudere sein Vermögen.“
Jesus erzählt ein Gleichnis. Ein Gleichnis ist eine kurze Geschichte, mit der eine tiefere Wahrheit über Gott oder das Leben erklärt wird. Der „reiche Mann“ steht hier für einen Besitzer, der viel Land, Geld oder Güter hat. In der damaligen Zeit beschäftigten solche Leute oft einen Verwalter – also einen Angestellten, der sich um Geld, Verträge, Vorräte und Absprachen kümmerte. Dieser Verwalter wird jetzt beschuldigt, das Vermögen seines Herrn zu verschwenden – also schlecht oder unehrlich damit umzugehen.
Lukas 16,2 – Der Verwalter wird zur Rechenschaft gezogen
„Darauf ließ er ihn rufen und sagte zu ihm: Was höre ich über dich? Leg Rechenschaft ab über deine Verwaltung! Denn du kannst nicht länger mein Verwalter sein.“
Der reiche Mann will nun wissen, was los ist. Er fordert Rechenschaft – das bedeutet: Der Verwalter muss genau zeigen, was er getan hat, wie er mit dem Geld umging. Das war üblich in der damaligen Zeit: Ein Verwalter musste Listen und Zahlen vorlegen, wenn sein Verhalten zweifelhaft war. Gleichzeitig wird klar: Er wird entlassen. Seine Tage im Dienst sind gezählt.
Lukas 16,3 – Die Krise des Verwalters
„Da überlegte der Verwalter: Was soll ich jetzt tun, da mein Herr mir die Verwaltung entzieht? Zu schwerer Arbeit tauge ich nicht und zu betteln schäme ich mich.“
Der Mann erkennt seine Lage. Er verliert seinen Job und hat keine Alternativen. Körperliche Arbeit – also etwa Feldarbeit – ist für ihn zu anstrengend. Und öffentlich betteln – das ist ihm peinlich. In der damaligen Gesellschaft bedeutete Arbeitslosigkeit oft Armut und Ausgrenzung. Er steckt in einer echten Krise.
Lukas 16,4 – Die Idee
„Ich weiß, was ich tun werde, damit mich die Leute in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich als Verwalter abgesetzt bin.“
Plötzlich kommt ihm eine Idee. Er will sich jetzt so verhalten, dass andere ihm später helfen werden. „In ihre Häuser aufnehmen“ bedeutet: Er hofft, dass sie ihm nach seiner Entlassung einen Platz anbieten – als Dank dafür, was er jetzt für sie tun wird.
Lukas 16,5 – Die Schuldner kommen
„Und er ließ die Schuldner seines Herrn, einen nach dem anderen, zu sich kommen und fragte den ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig?“
Der Verwalter ruft die Leute, die seinem Herrn etwas schulden. Sie haben vielleicht Öl oder Weizen geliehen bekommen. In einer Schuldgesellschaft wie damals war das üblich: Menschen bekamen Waren auf Kredit – mit dem Versprechen, sie später zurückzugeben oder zu bezahlen.
Lukas 16,6 – Der erste Schuldnachlass
„Er antwortete: Hundert Fass Öl. Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich schnell hin und schreib fünfzig!“
Der Schuldner schuldet sehr viel Öl – etwa 3.000 Liter. Der Verwalter sagt: Mach aus dem Schuldschein die Hälfte. Das ist ein riesiger Schuldenerlass. Ein Schuldschein war ein offizielles Dokument, das schriftlich festhielt, was jemand schuldet. Der Verwalter betrügt hier also nicht offen, sondern nutzt seine letzte Handlungsmacht, um sich bei den Schuldnern beliebt zu machen.
Lukas 16,7 – Der zweite Schuldnachlass
„Dann fragte er einen andern: Wie viel bist du schuldig? Der antwortete: Hundert Sack Weizen. Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig!“
Auch hier reduziert er die Schuld – um 20 %. Die Mengen sind groß: etwa 4.000 Kilogramm Weizen. Auch dieser Erlass ist ein großzügiges Geschenk – oder eine kluge Investition in seine eigene Zukunft.
Lukas 16,8a – Lob für die Klugheit
„Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte.“
Jetzt passiert das Überraschende: Der reiche Mann – also der „Herr“ in der Geschichte – lobt den Verwalter nicht, weil er ehrlich war, sondern weil er klug gehandelt hat. Das heißt: Der Verwalter hat aus seiner Not eine Lösung gemacht. Er hat die Situation genutzt, um sich vorzubereiten – sogar wenn sein Verhalten moralisch fragwürdig war.
Lukas 16,8b – Die Kinder dieser Welt
„Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes.“
Jesus kommentiert nun selbst. Mit „Kinder dieser Welt“ meint er Menschen, die nur weltlich denken. Mit „Kinder des Lichtes“ meint er die Gläubigen, die zu Gott gehören. Jesus sagt: Die „Weltmenschen“ sind manchmal wacher, mutiger und klüger im Handeln als die Gläubigen – obwohl diese doch einen viel größeren Schatz (Gottes Reich) vor sich haben.
Lukas 16,9 – Freunde mit dem Mammon
„Ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit ihr in die ewigen Wohnungen aufgenommen werdet, wenn es zu Ende geht!“
Mammon ist ein altes Wort für Geld oder Reichtum – oft mit dem Beiklang von Gier und Ungerechtigkeit. Jesus meint: Verwendet euer Geld so, dass es anderen dient. Gebt großzügig, helft Menschen – dann wird euer Reichtum euch nicht verdammen, sondern euch Türöffner sein. „Ewige Wohnungen“ ist ein Bild für den Himmel oder Gottes Gegenwart.
Lukas 16,10 – Treue im Kleinen
„Wer in den kleinsten Dingen zuverlässig ist, der ist es auch in den großen, und wer bei den kleinsten Dingen Unrecht tut, der tut es auch bei den großen.“
Jesus erklärt ein Prinzip: Charakter zeigt sich zuerst im Kleinen. Wer mit wenig Geld, Verantwortung oder Macht treu ist, wird auch mit mehr treu sein. Und umgekehrt: Wer schon im Kleinen unzuverlässig ist, dem sollte man keine großen Aufgaben anvertrauen.
Lukas 16,11 – Das wahre Gut
„Wenn ihr nun im Umgang mit dem ungerechten Mammon nicht zuverlässig gewesen seid, wer wird euch dann das wahre Gut anvertrauen?“
Jesus stellt eine Frage: Wenn ihr schon mit materiellem Besitz – dem „ungerechten Mammon“ – nicht gut umgeht, wie wollt ihr dann mit geistlichen Schätzen umgehen? „Wahres Gut“ meint hier: Gottes Wahrheit, seine Gegenwart, geistliche Gaben.
Lukas 16,12 – Umgang mit fremdem Gut
„Und wenn ihr im Umgang mit dem fremden Gut nicht zuverlässig gewesen seid, wer wird euch dann das Eure geben?“
Auch hier geht es um Verantwortung. Alles, was wir haben – Geld, Besitz, Zeit –, ist von Gott geliehen. Wenn wir schon mit dem, was uns nur anvertraut ist, schlecht umgehen, wie können wir dann von Gott erwarten, dass er uns seine Schätze gibt?
Lukas 16,13 – Zwei Herren
„Kein Sklave kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben, oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“
Jesus schließt mit einer klaren Entscheidung. Ein Mensch kann nicht gleichzeitig zwei Herren treu sein – besonders wenn ihre Werte gegeneinanderstehen. Gott und Mammon fordern ganz unterschiedliche Lebensstile. Man kann nur einem wirklich dienen.
Zweite Lesung: 1 Tim 2,1–8 – „Ich fordere auf zu Bitten, Gebeten, Fürbitten und Danksagung – für alle Menschen“
Paulus ruft zum universellen Gebet auf: für Regierende, für alle Menschen – damit wir in Ruhe, Gerechtigkeit und Frömmigkeit leben können. Das Gebet wird hier zur politischen Kraft – aber nicht durch Protest, sondern durch Fürbitte.
Die Stuttgarter Erklärungsbibel merkt an: Das Gebet für politische Verantwortungsträger ist keine Zustimmung zu ihrer Politik, sondern Ausdruck der Hoffnung, dass Gottes Wille in allen Lebensbereichen geschehe.
Luther fordert in seinen Tischreden: „Wer für seine Obrigkeit nicht betet, sündigt gegen das vierte Gebot.“ Es sei unsere christliche Pflicht, nicht zu schimpfen, sondern zu beten – und dann klug zu handeln.
Auch die STAMPS-Studienbibel betont: Politisches Gebet ist keine passive Haltung, sondern geistlicher Aktivismus. Viele freikirchliche Gemeinden halten wöchentliche Gebetszeiten für Regierende – in Diktaturen wie in Demokratien.
Die orthodoxe Liturgie kennt feststehende Fürbitten für „unsere Landesväter, die Behörden und das Militär“. Diese Gebete sind mehr als Form – sie sind Ausdruck des Glaubens, dass Gott Geschichte lenkt.
Beispiel: In Ruanda begann der Weg zur Versöhnung nach dem Genozid nicht mit Politik, sondern mit ökumenischem Gebet – katholisch, protestantisch, charismatisch, orthodox. Was Menschen nicht konnten, hat das Gebet bewegt.
Nun zur Vers-für-Vers-Auslegung des Textes aus dem Timotheus- Brief
Hintergrund zum Text des 1. Timotheus-Briefes
Der 1. Timotheusbrief wurde wahrscheinlich um das Jahr 100 n. Chr. verfasst, möglicherweise nicht direkt von Paulus selbst, sondern in seinem Namen – das war damals üblich und galt nicht als Täuschung. Der Empfänger ist Timotheus, ein enger Mitarbeiter des Paulus. Timotheus war in Ephesus, einer großen Stadt in Kleinasien (heute Türkei), wo es eine noch junge christliche Gemeinde gab. Es gab Spannungen mit Behörden, mit anderen Religionen und innerhalb der Gemeinde. Dieser Abschnitt zeigt: Gebet und Verantwortung gehören zusammen – auch in schwieriger Umgebung.
Vers 1: „Vor allem fordere ich zu Bitten und Gebeten, zu Fürbitte und Danksagung auf, und zwar für alle Menschen.“
Der Autor beginnt mit einer dringenden Aufforderung: Betet! Und zwar nicht nur für euch selbst, sondern für alle Menschen.
Bitten meint: Gott konkrete Anliegen vorlegen.
Gebete umfasst das ganze Gespräch mit Gott – Lob, Bitte, Klage.
Fürbitte bedeutet: Für andere Menschen beten – also nicht egoistisch, sondern solidarisch.
Danksagung meint: Gott für das danken, was er tut und wer er ist.
Das Gebet soll umfassend sein – nicht eng, nicht parteiisch. In einer Zeit, in der Christen verfolgt oder misstrauisch beäugt wurden, war das revolutionär.
Vers 2: „Für die Herrscher und für alle, die Macht ausüben, damit wir in aller Frömmigkeit und Rechtschaffenheit ungestört und ruhig leben können.“
Jetzt wird es konkret: Christen sollen sogar für die Regierenden beten. Damals war das zum Beispiel der römische Kaiser oder lokale Stadthalter – oft keine Freunde der Christen.
Macht ausüben bedeutet: Verantwortung für Gesetze, Sicherheit und Ordnung tragen.
Frömmigkeit heißt: in Beziehung zu Gott leben – betend, achtungsvoll, ehrlich.
Rechtschaffenheit ist ein altes Wort für ehrliches, rechtschaffendes Verhalten – also moralisch gut.
Das Ziel: Die Gemeinde soll in Frieden leben können. Keine Aufstände, keine politische Hetze – sondern geistliches Leben mitten im Alltag.
Vers 3: „Das ist recht und wohlgefällig vor Gott, unserem Retter.“
Wohlgefällig bedeutet: Gott gefällt das. Es entspricht seinem Willen.
Gott, unser Retter – hier wird Gott als der vorgestellt, der rettet, befreit, hilft. Nicht ein ferner Gott, sondern ein heilender Gott.
Die Aussage: Wer betet – besonders für andere –, lebt so, wie Gott es gut findet. Es ist nicht nur Frömmigkeit, sondern echte Mitgestaltung der Welt.
Vers 4: „Er will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.“
Dieser Satz ist zentral. Gottes Wille gilt allen Menschen – nicht nur Juden, nicht nur Christen, nicht nur Frommen.
Gerettet werden heißt: ewiges Leben haben, von Schuld und Trennung befreit sein.
Erkenntnis der Wahrheit meint: Jesus Christus als Wahrheit erkennen, in Beziehung zu ihm leben.
Das ist ein universaler Anspruch. Gottes Herz schlägt für die ganze Menschheit – und darum sollen Christen für alle beten.
Vers 5: „Denn: Einer ist Gott, einer auch Mittler zwischen Gott und Menschen: der Mensch Christus Jesus.“
Hier wird die Grundlage erklärt: Es gibt einen Gott, nicht viele.
Und es gibt einen Mittler – also jemanden, der zwischen zwei Seiten vermittelt. Jesus ist dieser Mittler.
Dass hier steht „der Mensch Christus Jesus“, betont seine Menschlichkeit. Er war kein abgehobener Geist, sondern lebte, litt und starb wirklich.
Der Vers erinnert daran, dass Beten Sinn hat – weil da jemand ist, der zwischen Gott und uns steht.
Vers 6: „Der sich als Lösegeld hingegeben hat für alle, ein Zeugnis zur vorherbestimmten Zeit.“
Lösegeld war ein Begriff aus der Sklavenwelt: Wer gefangen war, konnte durch Geld freigekauft werden.
Jesus gab sich selbst hin – also freiwillig. Sein Tod war kein Unfall, sondern eine Tat der Erlösung.
Für alle – wieder wird betont: Niemand ist ausgeschlossen.
Zeugnis bedeutet: Es wurde öffentlich sichtbar, was Gott für uns tut.
Vorherbestimmte Zeit meint: Nicht zufällig, sondern im richtigen Moment – nach Gottes Plan.
Vers 7: „Als dessen Verkünder und Apostel ich eingesetzt wurde – ich sage die Wahrheit und lüge nicht –, als Lehrer der Völker im Glauben und in der Wahrheit.“
Jetzt spricht der Autor über sich selbst.
Verkünder heißt: jemand, der die Botschaft weitersagt.
Apostel ist ein Gesandter mit Vollmacht – einer, der nicht nur redet, sondern mit Auftrag.
Lehrer der Völker bedeutet: nicht nur für Juden, sondern für alle Völker.
Glaube und Wahrheit gehören zusammen – der Glaube an Christus ist keine Illusion, sondern Wahrheit mit Inhalt.
Der Einschub „ich sage die Wahrheit und lüge nicht“ zeigt: Der Verfasser muss sich verteidigen. Es gab offenbar Misstrauen gegenüber seiner Autorität.
Vers 8: „Ich will, dass die Männer überall beim Gebet ihre Hände in Reinheit erheben, frei von Zorn und Streit.“
Zum Schluss geht es um die Haltung beim Gebet.
Hände erheben war eine übliche Gebetshaltung im Judentum – offen, auf Gott hin.
In Reinheit bedeutet: mit klarem Herzen – keine Sünde, keine Heuchelei.
Frei von Zorn und Streit: Wer betet, soll versöhnt leben. Bitterkeit und Wut blockieren das Gespräch mit Gott.

Thematischer Zusammenhang der drei Lesungen
Die Texte zeigen einen starken inneren Zusammenhang:
Amos ruft zur Gerechtigkeit im wirtschaftlichen und sozialen Leben.
Jesus mahnt zur klugen Haushalterschaft – materiell wie geistlich.
Paulus erinnert daran, dass Fürbitte für alle Menschen ein geistlicher Auftrag ist und gleichzeitig dazu befähigt die Forderungen von Amos und Jesus zu erfüllen; Wer für Arme betet, kann sie nicht ausnutzen, wer für Weisheit betet, kann auch kluge Strategien lernen.
Gemeinsam sagen sie: Wer Gott dienen will, muss gerecht handeln, klug verwalten und für andere beten.
Was ich aus diesen Bibeltexten lernen möchte
Ich möchte wachsam werden für Unrecht – nicht nur theoretisch, sondern konkret in meinem Alltag in Schule auf dem Arbeitsplatz und in meiner Familie..
Ich möchte lernen, klug mit dem umzugehen, was mir Gott anvertraut hat – Zeit, Geld, Einfluss.
Und ich will nicht aufhören, für die zu beten, die Verantwortung tragen – auch wenn ich ihre Entscheidungen nicht verstehe oder teile.
Denn: Ich kann nicht Gott dienen und zugleich dem Mammon dienen. Aber ich kann Gott dienen – durch Gerechtigkeit, Klugheit und Fürbitte.
🙏 Fürbitten
1. Wir beten für alle, die unter wirtschaftlicher Ausbeutung leiden – dass Gerechtigkeit wächst und Herzen verwandelt werden.
2. Wir beten für Entscheidungsträger in Politik, Kirche und Wirtschaft – dass sie klug, demütig und gerecht handeln.
3. Wir beten für alle Christinnen und Christen – dass sie verantwortungsvoll mit Besitz und Zeit umgehen.
4. Wir beten für Länder im Krieg – besonders in Afrika, Osteuropa und im Nahen Osten –, dass Wege zum Frieden gefunden werden.
5. Wir beten für Jugendliche, die in einem System ohne Perspektiven aufwachsen – dass sie gesehen und gefördert werden.
6. Wir beten für unsere Gemeinden – dass sie prophetisch reden, barmherzig handeln und betend im Vertrauen wachsen.
7. Wir beten für uns selbst – dass wir Gott treu dienen und frei werden vom Mammon.
📚 Literaturhinweise:
1. Bibleserver. https://www.bibleserver.de
2. Bibeltexte gemäß: Vatican News. „Tagesevangelium 21.09.2025.“ https://www.vaticannews.va
3. Bonhoeffer, Dietrich. Widerstand und Ergebung. München: Chr. Kaiser, 1994.
4. Caritas in Veritate. Enzyklika Benedikts XVI., 2009.
5. Elberfelder Studienbibel. Wuppertal: R. Brockhaus Verlag, 2023.
6. Engels, Friedrich. Die Lage der arbeitenden Klasse in England. Leipzig: Otto Wigand, 1845.
7. Engels, Friedrich an Karl Marx, Brief vom 24. Juni 1868, in: MEW, Bd. 32, Berlin: Dietz, 1965, 187.
8. Evangelisches Gesangbuch. Nr. 420–424: Gebete für die Obrigkeit.
9. Katechismus der Katholischen Kirche. München: Pattloch, 1993. https://www.bibleserver.com/EU
10. Luther, Martin. Tischreden. Weimar: Böhlau, 1912.
11. Luther, Martin. WA 10/I/1, 173ff.
12. Marx, Karl. „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“, Deutsch-Französische Jahrbücher (1844), 71.
13. Neue Jerusalemer Bibel. Düsseldorf: Patmos, 1985.
14. Orthodoxes Stundenbuch. Göttingen: Klosterbuchverlag, 2014.
15. SCHOTT Messbuch. https://schott.erzabtei-beuron.de
16. STAMPS-Studienbibel. Life Publishers, Springfield, MO, 2006.
17. Stuttgarter Erklärungsbibel. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2007.
18. Theophylakt von Ohrid. Auslegung der Evangelien. Orthodoxes Studienzentrum, Freiburg, 2008.
19. Vatican News. Tagesevangelium vom 21.09.2025. https://www.vaticannews.va/de/evangelium-des-tages.html
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C Ich werde nun verschiedene Predigtvarianten , alle basierend auf die Bibeltexte vom 21. September 2025, nämlich – Amos 8,4–10, Lukas 16,1–13 und 1 Timotheus 2,1–8 – darstellen:
1. Dialogische Predigt
2. Biographische Predigt
3. Narrative Predigt
4. Ikonographische Predigt
Hier ist die dialogische Predigt zum 21. Sonntag im Jahreskreis (21. September 2025) auf Grundlage der Bibeltexte Amos 8,4–10, Lukas 16,1–13 und 1 Timotheus 2,1–8 – gestaltet als Gespräch zwischen zwei Personen, theologisch fundiert, in einfacher, natürlicher Sprache und mit klaren Bezügen zu den drei Bibelstellen:
Thema: Gott oder Mammon? Ein Gespräch über Gerechtigkeit, Klugheit und Gebet
Personen:
Miriam – eine nachdenkliche Christin, engagiert im sozialen Bereich
Thomas – ein Theologe und Gemeindeleiter, offen für kritische Fragen
Ort: Ein Kirchenraum nach dem Gottesdienst, bei einer Tasse Tee
Miriam:
Thomas, ich bin ehrlich gesagt etwas verwirrt. Die Lesungen heute waren stark – aber auch schwer verdaulich. Erst Amos, dann dieses seltsame Gleichnis vom Verwalter und schließlich der Timotheusbrief. Was soll ich mit all dem anfangen?
Thomas:
Das verstehe ich gut. Amos ist ja kein Streichelprophet. Und Jesus' Geschichte vom unehrlichen Verwalter wirkt fast provokant. Aber vielleicht können wir zusammen hinspüren, was uns diese Texte heute sagen wollen.
Miriam:
Fangen wir mit Amos an. Dieser Aufschrei gegen soziale Ungerechtigkeit – das hat mich getroffen. „Für ein Paar Sandalen verkaufen sie den Armen“, sagt er. Das ist doch unfassbar.
Thomas:
Ja, Amos war ein Prophet aus der Provinz. Und er sprach in eine Zeit wirtschaftlichen Aufschwungs – aber die Armen wurden systematisch übervorteilt. Kleinere Maße, manipulierte Gewichte, Schuldknechtschaft. Ein System, das nur nach Profit schrie.
Miriam:
Das klingt so… aktuell. Ich denke an globale Ausbeutung, Mindestlohn-Diskussionen, sogar an Supermarktpreise. Und Amos sagt: „Ich vergesse keine dieser Taten.“
Thomas:
Gottes Gerechtigkeit ist nicht nur eine fromme Idee. Sie hat mit dem täglichen Umgang zu tun – mit Geld, mit Menschen, mit Macht. Deshalb ist auch das Gleichnis im Evangelium kein Zufall.
Miriam:
Aber gerade das finde ich so irritierend. Jesus lobt einen Betrüger, der Schuldscheine fälscht – das kann doch nicht sein Ernst sein?
Thomas:
Es ist ein Gleichnis – keine Anleitung zum Betrug. Jesus lobt nicht die Unehrlichkeit, sondern die Klugheit. Der Verwalter merkt: Ich habe wenig Zeit – also nutze ich sie weise, um Menschen für mich zu gewinnen. Und Jesus fragt: Warum sind die Kinder des Lichtes oft so zögerlich?
Miriam:
Meinst du, es geht um geistliche Wachheit?
Thomas:
Genau. Der Verwalter erkennt: Ich muss jetzt handeln. Und das ist die Frage an uns: Wie gehen wir mit dem um, was uns anvertraut ist – Geld, Zeit, Beziehungen? Setzen wir es ein für das Reich Gottes – oder halten wir es zurück?
Miriam:
Und dann diese Zuspitzung am Ende: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ Das ist schon hart. Ist es wirklich so schwarz-weiß?
Thomas:
Jesus spricht hier klar. Der Mammon – also Geld, Besitz, Status – will uns binden. Gott ruft uns in die Freiheit. Wir müssen wählen: Dienen wir mit unserem Leben dem ewigen Wert – oder dem vergänglichen Profit?
Miriam:
Und wie passt dann der Timotheusbrief dazu?
Thomas:
Paulus, oder der Autor in seinem Namen, ruft zur Fürbitte auf – für alle Menschen, sogar für Regierende. Das ist geistliche Verantwortung: beten für Frieden, für Ordnung, für eine Gesellschaft, in der Glaube und Gerechtigkeit gelebt werden können.
Miriam:
Das hat mich bewegt. Nicht nur über Politiker meckern – sondern für sie beten. Weil Gott will, dass alle gerettet werden.
Thomas:
Genau. Das Evangelium ist universell. Und darum soll unser Gebet es auch sein. Stell dir vor, was passiert, wenn Christen weltweit aufhören zu lästern – und anfangen zu beten. Nicht aus Naivität, sondern aus Hoffnung.
Miriam:
Das bringt alles zusammen: Amos ruft zur Gerechtigkeit, Jesus ruft zur klugen Lebensführung und Paulus zur Fürbitte.
Thomas:
Ja. Und wir sind eingeladen, mit Kopf, Herz und Händen zu antworten:
Gerecht zu handeln, klug zu verwalten, treu zu beten.
Miriam:
Weißt du, was ich heute mitnehme?
Ich will bewusst leben. Nicht perfekt. Aber ehrlich.
Und vielleicht fange ich einfach an, morgen früh einen Politiker in meine Fürbitte einzuschließen – statt nur die Nachrichten zu fluchen.
Thomas (lächelt):
Das wäre ein prophetischer Anfang. Amos wäre stolz auf dich.
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Hier ist die biographische Predigt zum 21. Sonntag im Jahreskreis (21.09.2025) auf Grundlage der Texte Amos 8,4–10, Lukas 16,1–13 und 1 Timotheus 2,1–8 – erzählt aus der Perspektive eines fiktiven, aber realistisch gezeichneten Menschen, der durch diese Bibeltexte in seinem Leben herausgefordert und verwandelt wird:
Thema: Gerecht leben. Klug entscheiden. Betend bleiben.
Biographische Predigt – erzählt aus der Sicht von Jakob A., Unternehmer und Christ
Ich heiße Jakob. Ich bin 54 Jahre alt. Ich leite seit über 20 Jahren ein mittelständisches Unternehmen in der Region. Früher hätte ich gesagt: Ich bin ein ehrlicher Geschäftsmann. Und doch… hat Gott mir einmal die Maske vom Gesicht gezogen – durch ein paar Bibelverse.
Es war vor etwa zehn Jahren, ein Sonntag wie viele andere. Ich saß im Gottesdienst. Das Evangelium war Lukas 16 – das Gleichnis vom ungerechten Verwalter. Ich mochte diese Geschichte nie. Ein Typ, der betrügt – und Jesus lobt ihn? Ich verstand es nicht. Ich zuckte mit den Schultern, wie so oft. Und dann kam der Prediger mit einem Satz, der mich nicht mehr losließ: „Es geht nicht um Ehrlichkeit, sondern um Entschlossenheit. Der Mann wusste: Meine Zeit ist kurz. Und er handelte.“
Dieser Satz traf mich ins Mark. Ich war zu der Zeit voller Sorgen. Die Aufträge liefen gut, aber innerlich war ich leer. Ich verwaltete mein Leben – aber ich lebte nicht mehr.
Amos erschütterte mich dann vollends.
In der Woche darauf las ich zufällig in Amos 8 – einer dieser Propheten, die man sonst gern überspringt. „Sie verkaufen den Armen für ein Paar Sandalen.“ „Sie fälschen die Waage.“ Ich schluckte. Ich hatte nie betrogen. Aber ich hatte weggeschaut. Wenn mein Einkaufsteam Billigpreise aus Fernost verhandelte, fragte ich nicht: Wer näht das eigentlich?
Als wir Überstunden durch unbezahlte Praktika abdeckten, redete ich es mir schön: Gute Erfahrung für die Jungen.
Amos schrieb direkt in mein Herz: „Gott wird keine dieser Taten vergessen.“
Ich schämte mich. Und ich fing an zu beten – neu, anders, ehrlich.
Dann kam der dritte Text: 1 Timotheus 2. „Ich fordere euch auf, für alle zu beten – für Regierende, für Menschen in Verantwortung.“
Ich war selbst jemand mit Verantwortung. Und ich hatte nie für einen Politiker gebetet. Ich hatte geschimpft, geflucht, gescherzt. Aber nie gebetet.
Also begann ich damit. Jeden Morgen: ein Gebet für einen meiner Geschäftspartner. Ein Gebet für einen Minister. Ein Gebet für meine Mitarbeiter.
Und dann geschah etwas.
Meine Entscheidungen wurden anders.
Ich kündigte zwei Großverträge, die auf Kinderarbeit hinwiesen. Ich stellte unsere gesamte Lieferkette um.
Es kostete Geld.
Aber ich schlief besser.
Und ich wurde innerlich ruhiger.
Das Gleichnis von Lukas wurde mein Maßstab.
Ich lernte: Nicht Besitz entscheidet – sondern wofür ich ihn einsetze.
Ich begann, einen Teil unseres Jahresgewinns in Bildungsprojekte zu stecken.
Ich war kein Held. Ich war immer noch Geschäftsmann.
Aber ich wurde freier.
Heute lese ich diese drei Texte mit einem einzigen Gedanken im Herzen:
Gott ruft mich nicht zur Frömmigkeit ohne Wirkung.
Er ruft mich zur Gerechtigkeit, zur klugen Verwaltung und zur Fürbitte.
Nicht aus Zwang – sondern weil er das Beste für mich will.
Ich bin kein Prophet. Kein Apostel. Kein Märtyrer.
Aber ich bin Christ.
Und ich will es sein – auch in der Buchhaltung, im Einkauf, im Büro.
Vielleicht brauchst du keine Firmenumstrukturierung. Vielleicht brauchst du nur einen neuen Anfang im Kleinen.
Ein faires Wort. Eine bewusste Entscheidung.
Ein ehrliches Gebet – für jemanden, den du nicht magst.
Oder den Mut, aufzuhören, den Mammon zu vergötzen.
Wenn du das tust, wirst du erleben, was ich erlebt habe:
Gott nimmt deine kleinen Schritte ernst.
Und er macht daraus einen Weg.
Einen Weg ins Licht.
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Hier folgt eine narrative Predigt zum 21. Sonntag im Jahreskreis (21.09.2025), basierend auf Amos 8,4–10, Lukas 16,1–13 und 1 Timotheus 2,1–8 – in Form einer zusammenhängenden, bildreichen Erzählung, die die biblische Botschaft durch Handlung, Dialog und Atmosphäre erfahrbar macht:
Thema: Die Stunde der Entscheidung: Eine Erzählpredigt
Es war früher Morgen in der kleinen Stadt. Die Sonne stand noch tief, der Nebel lag über den Gassen. Jakob, ein älterer Kornhändler, saß in seinem Lagerhaus und blätterte in alten Büchern. Rechnungen, Lieferscheine, Schuldscheine. Er war bekannt für seine Tüchtigkeit – und seine Härte.
Die Leute tuschelten über ihn. „Wer bei Jakob kauft, muss aufpassen. Die Waage kippt immer zu seinen Gunsten.“
Aber niemand konnte ihm etwas nachweisen. Alles war... legal. Irgendwie.
Jakob war stolz. Und doch – seit einigen Nächten schlief er schlecht. Etwas war in ihm in Bewegung geraten. Es hatte mit dem alten Prediger zu tun, der letzte Woche auf dem Marktplatz gesprochen hatte. Ein unscheinbarer Mann, der aus einer Schriftrolle gelesen hatte:
„Hört, die ihr die Armen unterdrückt…
Ihr fälscht das Hohlmaß, ihr verkauft Menschen für ein Paar Sandalen…
Der Herr wird keine eurer Taten vergessen.“
Jakob hatte zugehört, wie man einem Donner lauscht. Nicht zustimmend, aber getroffen. Der Text ließ ihn nicht mehr los.
Dann, an diesem Morgen, trat ein alter Bekannter ein. Ruben. Ein stiller Mann, früher selbst Händler, jetzt ein einfacher Beter.
„Jakob“, sagte Ruben, „ich weiß nicht, warum ich heute hier bin. Aber ich hatte den Eindruck, ich soll dir etwas sagen. Du hast Verantwortung. Du kannst Gutes tun. Vielleicht ist es Zeit, Gott Rechenschaft zu geben.“
Jakob schwieg. „Rechenschaft“ – das klang nach Abrechnung. Nach dem Evangelium, das er vor Monaten in der Kirche gehört hatte:
Ein reicher Mann entlässt seinen Verwalter. Der Verwalter ist in Not – und trifft mutige Entscheidungen, um seine Zukunft zu sichern.
„Ich habe mein ganzes Leben darauf gebaut, zu haben“, dachte Jakob. „Aber wenn ich heute gehen müsste, was bleibt dann?“
Er öffnete die Schublade. Holte alte Schuldscheine hervor. Er sah die Namen: Marta – die Witwe mit fünf Kindern. Eli – der einst seinen Esel für einen Sack Korn verpfändet hatte. Jakob schluckte.
Am Nachmittag ging er los. Er ging von Haus zu Haus. Er zerriss die Papiere. „Schuld erlassen“, sagte er. „Wir fangen neu an.“
Die Leute starrten ihn an. Dachten, er sei verrückt geworden. Oder krank.
Doch in Jakobs Herz war etwas heil geworden.
Am Abend saß er allein auf der Bank vor seinem Haus. Der Himmel färbte sich rosa. Vögel kehrten zurück in die Bäume. Und er erinnerte sich an einen Vers aus dem Timotheusbrief, den er neulich bei Ruben gelesen hatte:
„Gott will, dass alle Menschen gerettet werden...
Er ist der eine Mittler – Christus Jesus, der sich für alle hingegeben hat.“
Jakob lächelte. Zum ersten Mal seit Jahren.
Er betete.
Nicht für mehr Gewinn. Nicht gegen die Konkurrenz.
Sondern für seine Stadt. Für Marta. Für Eli. Für sich selbst.
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Denn er hatte verstanden: Die Zeit ist kurz. Und die Chance ist jetzt.
Wenn Gott vergibt, will auch ich vergeben.
Wenn Christus sich hingegeben hat, will auch ich nicht länger festhalten.
Wenn das Reich Gottes beginnt – dann nicht irgendwann, sondern heute. In dieser Straße. In dieser Stadt.
So wurde ein harter Händler zum stillen Beter.
Und sein Name wurde wieder genannt – auf dem Markt, in den Gassen.
Aber diesmal sagten die Leute: „Er hat uns überrascht.
Er hat anders gehandelt.
Er hat angefangen, an das Licht zu glauben.“
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Hier folgt die ikonographische Predigtvariante zum 21. Sonntag im Jahreskreis (21.09.2025), basierend auf Amos 8,4–10, Lukas 16,1–13 und 1 Timotheus 2,1–8 – in Form einer ausführlich beschriebenen, innerlich betrachteten Bildkomposition im Stil der alten Meister:
Thema: Der Augenblick der Wahrheit – ein ikonographisches Bild in drei Ebenen
Das Gemälde – Beschreibung und geistliche Auslegung
Stellen wir uns ein großformatiges Ölgemälde vor, barock in seiner Tiefe, ikonographisch in seiner Symbolik, aufgeteilt in drei Ebenen – jede steht für einen der heutigen Bibeltexte. Das Licht kommt nicht von außen, sondern von innen. Es ist das Licht der Wahrheit, das alles durchdringt.
1. Ebene unten links: Amos ruft ins Herz der Stadt
In einer staubigen Gasse, am Rand eines orientalischen Basars, steht ein Prophet. Es ist Amos. Er trägt ein grobes Gewand, eine Schriftrolle in der Hand. Sein Finger zeigt auf eine Gruppe von reichen Händlern, die mit Silberstücken und Getreidesäcken hantieren.
Die Waage auf dem Tisch ist schief – deutlich manipuliert. Ein leerer Sack ist aufgeschlitzt, das Korn fällt zu Boden, aber kein Mensch beugt sich, um es aufzuheben. Im Hintergrund sieht man einen verarmten Mann, der für ein Paar Sandalen verkauft wird – eine Anspielung auf Amos 8,6.
Amos ist nicht wütend, sondern ernst. Man sieht in seinem Gesicht die Enttäuschung Gottes. In der Luft schwebt – fast durchsichtig – der Satz: „Der Herr hat geschworen: Keine dieser Taten werde ich jemals vergessen.“
Diese Szene konfrontiert uns. Sie fragt: Wo betrügen wir – offen oder versteckt? Was ist unsere Waage wert?
2. Ebene oben rechts: Der kluge Verwalter in der Stunde der Entscheidung
Diese Szene ist heller. Ein Mann – der Verwalter aus Lukas 16 – sitzt an einem Tisch, vor ihm zwei Schuldner mit Papieren. Der eine schreibt hastig „50“ statt „100“, der andere „80“ statt „100“. Die Gesichter sind angespannt, aber nicht panisch.
Interessant ist: Im Hintergrund steht eine große Sonnenuhr. Der Schatten wandert rasch – es ist spät. Der Verwalter schaut zur Seite, fast fragend. Über ihm schwebt eine Inschrift: „Die Kinder dieser Welt sind klüger als die Kinder des Lichtes.“
Und ganz zart – fast unsichtbar – ist ein anderer Mann zu sehen. Christus selbst, in schlichtem Weiß. Kein Urteil im Blick, sondern ein Aufruf zur Klugheit: „Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon.“
Diese Szene stellt die Frage: Wie gehen wir mit den letzten Chancen um? Entscheiden wir uns mutig oder bequem?
3. Ebene zentral und erhoben: Das Gebet des Friedens – Timotheusvision
Ganz oben im Bild ist ein stiller Raum dargestellt. Ein einfacher Ort, fast wie eine Kapelle. Männer mit erhobenen Händen stehen dort – sie beten. Keine Pose, keine Show. Auf ihren Gesichtern liegt Frieden.
Ein Licht strahlt von oben auf eine Figur in der Mitte: Christus – nicht am Kreuz, sondern als Mittler, segnend, die Hände geöffnet. In seiner Brust ein leuchtendes Herz. Um ihn schweben Worte aus dem Timotheusbrief: „Einer ist Gott, einer ist Mittler: der Mensch Christus Jesus.“
Ganz hinten am Horizont sieht man eine Stadt – friedlich, ruhig, ungestört. So wie Paulus es im Brief beschreibt. „Damit wir in aller Frömmigkeit und Rechtschaffenheit leben.“
Diese Szene stellt die Frage: Was ist unsere Quelle der Hoffnung? Beten wir nur für uns – oder für alle?
Gesamtausdruck des Bildes
Das Bild ist kein moralischer Zeigefinger, sondern ein Spiegel. Es zeigt drei Menschen – Amos, den Verwalter und den Beter – als drei mögliche Haltungen gegenüber Gottes Wahrheit:
Die prophetische Anklage gegen Ungerechtigkeit
Die kluge Entscheidung in der Krise
Das stille Gebet für das Heil aller
In der Mitte des Bildes – über allem – fließt aus dem Herzen Christi ein feines, goldenes Band. Es verbindet Amos mit dem Verwalter und diesen mit den Betern. Eine unsichtbare Linie der Gnade. Ein Zeichen: Gott vergisst nicht – aber er vergibt, wenn wir umkehren.
So lädt dieses Bild ein zur Betrachtung, zur Reue – und zur Entscheidung.
Denn alle drei Szenen geschehen nicht „damals“, sondern heute – in deiner Stadt, in deinem Büro, in deiner Familie.

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Hier folgt die biographische Predigtvariante zum 21. Sonntag im Jahreskreis (21.09.2025), basierend auf Amos 8,4–7, Lukas 16,1–13 und 1 Timotheus 2,1–8 – dargestellt anhand der Lebensgeschichte einer fiktiven, aber realitätsnahen Person. Die Predigt entfaltet sich erzählend, aber tief verbunden mit den biblischen Texten und deren theologischer Bedeutung.
Thema: Entscheidungen im Schatten der Ewigkeit – das Leben der Lea R.
Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen und weltweite Leser
Heute möchte ich euch die Geschichte einer Frau erzählen. Ihr Name ist Lea R. Sie ist 52 Jahre alt, lebt in einer deutschen Großstadt und arbeitet seit vielen Jahren als Bereichsleiterin in einem Handelsunternehmen. Ihre Geschichte berührt auf eindrucksvolle Weise die drei Bibeltexte dieses Sonntags – und damit auch unsere eigene Lebensreise.
Ein Leben mit schiefen Waagen (Amos 8,4–7)
Lea war nicht immer Führungskraft. Ihre Eltern hatten einen kleinen Gemüseladen. Schon als Kind hatte sie erlebt, wie streng ihre Mutter auf die Waage achtete. „Wir wiegen ehrlich – das ist unser Stolz“, sagte sie oft. Doch später, in der Welt der Großkonzerne, wurde das schwerer.
Als sie zur Abteilungsleiterin wurde, fiel ihr auf, wie oft Zahlen geschönt wurden. Budgets manipuliert. Rabattaktionen mit versteckten Preiserhöhungen kaschiert. Lea schwieg zunächst. Dann tat sie mit. Es war „branchenüblich“.
Doch eines Tages las sie den Text aus Amos 8 in einer E-Mail von einer kirchlichen Initiative für gerechte Wirtschaft. Die Worte trafen sie tief: „Ihr fälscht die Waage zum Betrug. Für ein Paar Sandalen verkauft ihr einen Menschen.“ Das war ihr Spiegel. Und sie erkannte: Auch in der modernen Welt gibt es schiefe Waagen. Nicht nur beim Geld, sondern auch im Umgang mit Menschen.
Der Wendepunkt – inspiriert vom klugen Verwalter (Lukas 16,1–13)
Lea wurde krank. Nichts Dramatisches – aber genug, um aus dem Alltag gerissen zu werden. In der Reha begegnete sie einem Pastor, der zufällig über Lukas 16 sprach: vom Verwalter, der seine letzte Chance nutzt, um Gutes zu tun.
Der Satz „Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon“ ließ Lea nicht los. Zum ersten Mal fragte sie sich: Was habe ich mit dem mir anvertrauten Geld gemacht – für andere?
Als sie zurückkam, begann sie zu handeln. Zuerst im Kleinen: faire Löhne in ihrer Abteilung. Dann größer: Sie initiierte ein Projekt, bei dem ihre Firma überschüssige Lebensmittel an soziale Einrichtungen spendete. Sie wurde belächelt. Dann respektiert. Schließlich ausgezeichnet.
Sie verstand: Gott liebt keine Trickserei. Aber er ehrt kluge Umkehr.
Die Kraft des Gebets – und der Versöhnung (1 Timotheus 2,1–8)
Doch der größte Wandel geschah nicht äußerlich, sondern innerlich. Lea begann zu beten. Täglich. Und das veränderte ihr Herz.
Sie betete für ihre Vorgesetzten – nicht aus Pflicht, sondern aus Liebe. Für die Menschen, die ihr Unrecht getan hatten. Für Politiker, denen sie misstraute. Und sie betete mit erhobenen Händen – wie Paulus es beschreibt – „frei von Zorn und Streit“.
In einem Interview sagte sie später: „Ich habe durch das Gebet gelernt, dass es nur einen Gott gibt – und nur einen Mittler, der uns alle sieht: Jesus Christus. Und der hat mich nicht verurteilt, sondern zurückgerufen.“
Was wir von Lea R. lernen können
Leas Weg ist nicht spektakulär. Aber tief. Denn er zeigt:
Dass wir in einem System leben, in dem oft schief gewogen wird.
Dass wir immer noch eine Wahl haben – auch spät.
Dass Gebet nicht weltfremd ist, sondern weltverändernd.
Dass Gott nicht fragt, wie perfekt wir waren, sondern ob wir zurückkehren wollen.
Was ich daraus lernen möchte:
Ich möchte den Mut haben, meine eigenen „Waagen“ zu prüfen.
Ich will klug mit dem umgehen, was mir anvertraut ist – nicht nur Geld, sondern auch Einfluss, Worte, Beziehungen.
Ich will beten – nicht nur für meine Anliegen, sondern für alle Menschen.
Ich will erkennen, dass Christus der einzige Mittler ist – auch in den Spannungen dieser Zeit.
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Hier folgt nun eine narrative Predigtvariante zum 21. Sonntag im Jahreskreis (21.09.2025), auf Grundlage von Amos 8,4–7, Lukas 16,1–13 und 1 Timotheus 2,1–8. Diese Form erzählt keine einzelne Biographie, sondern entfaltet die biblischen Botschaften in einer fortlaufenden Geschichte, die die theologischen Inhalte in einem erzählerischen Spannungsbogen erlebbar macht.
Thema: Die Waage, das Buch und das Gebet
Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen und weltweite Leser
Es war einmal ein altes Handelshaus am Rande einer belebten Stadt. Drei Räume prägten dieses Haus – aber niemand beachtete ihre Bedeutung. Bis eines Tages ein junger Lehrling mit Namen Elias dorthin geschickt wurde, um „das Wesen des gerechten Lebens“ zu studieren.
Raum 1: Die schiefe Waage
Der erste Raum war ein Lager voller alter Messgeräte. Eine große Balkenwaage stand in der Mitte. „Diese Waage“, sagte der Verwalter, „ist aus den Tagen des Propheten Amos.“
Elias trat näher. Die Gewichte waren ungleich. Die rechte Schale hing immer tiefer. Der Verwalter erklärte: „Früher verkaufte man Getreide. Doch viele verkauften auch Menschen – für ein Paar Schuhe. Die Reichen manipulierten die Maße, damit die Armen weniger bekamen. Und Gott? Gott hat es gesehen.“
Ein Zettel hing an der Wand:
„Beim Stolz Jakobs hat der Herr geschworen: Keine ihrer Taten werde ich jemals vergessen.“
Elias erschrak. Und er wusste: Gerechtigkeit beginnt nicht bei großen Gesten – sondern bei ehrlichen Waagen.
Raum 2: Das zerrissene Schuldenbuch
Der zweite Raum war voller Regale. Auf jedem lag ein Schuldenbuch. Ein dicker Staubfilm bedeckte sie. Der alte Buchhalter nahm eines heraus und sagte: „Kennst du den Verwalter aus Lukas 16? Er wusste, dass sein Ende nahe war. Und er handelte.“
Elias schlug das Buch auf. Es war voller Zahlen – verschuldetes Öl, Weizen, Schuldenlasten.
„Doch siehst du diese Risse im Papier?“, fragte der Alte. „Der Verwalter hat begonnen, zu streichen. Schulden zu reduzieren. Er war nicht perfekt – aber klug. Er dachte an das Morgen, nicht nur an das Heute.“
Elias fragte: „War das Betrug?“ Der Alte antwortete: „Es war Barmherzigkeit in der letzten Stunde. Und das Lob Jesu galt nicht dem Betrug – sondern der Weitsicht.“
Ein anderes Schild stand an der Tür:
„Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit ihr aufgenommen werdet in die ewigen Wohnungen.“
Elias schwieg. Und begriff: Reichtum ist ein Mittel. Aber nicht das Ziel.
Raum 3: Die erhobenen Hände
Der dritte Raum war leer. Nur ein Stuhl in der Mitte. Und an der Wand ein Gemälde: Ein Mann mit erhobenen Händen. Dahinter viele Gesichter – Herrscher, Kranke, Arme, Flüchtende.
„Dies“, sagte eine Frau, die plötzlich erschien, „ist der Raum des Gebets.“
Elias setzte sich. Die Frau las aus einem alten Manuskript: „Ich will, dass die Männer überall beim Gebet ihre Hände in Reinheit erheben, frei von Zorn und Streit.“
„Wer betet“, sagte sie, „ist nie ohnmächtig. Denn Gebet schafft Raum für Gnade – auch in der Politik, auch in Konflikten. Paulus hat gebetet für die Kaiser – und für die Wahrheit. Und du?“
Elias schloss die Augen. Und er betete. Zum ersten Mal nicht für sich. Sondern für die Welt.
Drei Räume – ein Weg
Als Elias das Handelshaus verließ, nahm er drei Dinge mit:
Ein Stück Waage – zur Erinnerung an Gerechtigkeit.
Einen zerrissenen Schuldschein – als Zeichen der Barmherzigkeit.
Und ein kleines Gebetsbuch – für die stillen Stunden.
Er hatte verstanden: Der Weg mit Gott ist kein theologisches Konstrukt. Sondern ein täglicher Gang zwischen Waage, Schuld und Gebet.
Was ich daraus lernen möchte:
Ich möchte bewusst hinschauen, wo heute ungerechte Waagen herrschen – in der Wirtschaft, im Umgang mit Menschen, im Herzen.
Ich will nicht warten, bis das Schuldenbuch mich überrollt – sondern jetzt schon Wege der Gnade gehen.
Und ich will beten – mit erhobenen Händen, frei von Zorn, mit Blick auf alle: die, die leiden, die, die führen, die, die mir fremd sind.
Denn: Einer ist Gott. Und einer ist der Mittler zwischen Gott und den Menschen: Christus Jesus. (1 Tim 2,5)
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Hier folgt nun eine weitere ikonographische Predigtvariante zu den Bibeltexten vom 21. Sonntag im Jahreskreis (21.09.2025): Amos 8,4–7, Lukas 16,1–13 und 1 Timotheus 2,1–8.
Diese Predigtform betrachtet die drei Texte als geistliche Bilder – wie klassische Ikonen oder Altargemälde – und deutet sie mit Hilfe von Symbolen, Licht, Farben und Haltung der dargestellten Personen. Die theologischen Aussagen werden so in geistlich betrachtende Bildsprache übersetzt.
Thema: Drei Bilder vor dem Thron Gottes
Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen und weltweite Leser
Stellt euch einen großen, leuchtenden Triptychon-Altar vor – ein dreiflügeliges Gemälde, das im Licht des Morgens aufstrahlt. Drei Szenen sind zu sehen, jede ist ein eigenes Fenster zur Wahrheit – und doch erzählen sie zusammen eine einzige Geschichte: Gottes Sehnsucht nach Gerechtigkeit, Weisheit und Gebet.
1. Tafel: Die verbogene Waage (Amos 8,4–7)
Auf der ersten Tafel sehen wir eine düstere Marktszene. Es ist heiß, Staub liegt über den Gesichtern. In der Mitte: ein hölzerner Tisch mit einer antiken Balkenwaage. Aber die Waage ist sichtbar verbogen. Auf einer Seite ein schweres Gewicht – auf der anderen: Getreide, das zu wenig wiegt. Die Händler lachen, die Armen senken die Köpfe.
Über ihnen zieht sich der Himmel zusammen. Kein grelles Gewitter – aber ein stilles, göttliches Gericht. Eine Hand schreibt in die Luft über der Szene: „Keine ihrer Taten werde ich jemals vergessen.“
Ein unscheinbarer Bettler im Bildrand blickt nicht auf die Waage – sondern nach oben. Sein Blick durchdringt das Unrecht. Er glaubt noch an Gottes Eingreifen.
Symbolik:
Die Waage steht für das göttliche Maß. Sie ist verbogen – wie unsere Maßstäbe.
Das Licht kommt nicht von unten – sondern fällt von oben ein, durch eine Spalte in den Wolken.
Amos ist nicht dargestellt – aber seine Stimme durchdringt das Bild, als prophetische Mahnung an uns.
2. Tafel: Der Schuldenverwalter (Lk 16,1–13)
Die zweite Szene wirkt wie ein orientalisches Büro. Bücher, Schriftrollen, Öllampen. In der Mitte sitzt der Verwalter – ein junger Mann mit nachdenklichem Blick. In der Hand hält er zwei Schuldscheine. Einer trägt noch die Zahl „100“ – der andere ist bereits überschrieben: „50“.
Im Hintergrund schaut sein Herr mit verschränkten Armen aus einem Türbogen. Kein Zorn, sondern fast ein Schmunzeln liegt auf seinem Gesicht. Neben dem Verwalter stehen zwei Schuldner – beide mit gesenktem Blick, einer aber mit Tränen in den Augen.
Am oberen Bildrand, in goldenen Lettern: „Die Kinder dieser Welt sind klüger als die Kinder des Lichts.“
Symbolik:
Die Farben sind warm, fast golden – aber mit dunklem Grundton. Es geht nicht um moralische Reinheit, sondern um kluge Wendung.
Die Lampe im Hintergrund brennt noch – aber sie flackert. Zeit ist knapp.
Das geöffnete Buch steht für das Gedächtnis Gottes – und für das, was wir hineinschreiben.
Eine ikonographische Pointe:
Im Schatten, fast unsichtbar, erkennt man die Andeutung eines Kreuzes – das eigentliche „Schuldenlöschen“ geschieht anderswo.
3. Tafel: Die erhobenen Hände (1 Tim 2,1–8)
Auf der dritten Tafel öffnet sich die Szene in den Himmel. Männer und Frauen stehen in stiller Andacht, ihre Hände erhoben, ihre Gesichter offen. Einer betet allein in einem dunklen Raum. Eine andere steht mitten auf einem Platz. Ein Dritter betet vor einem Regierungsgebäude. Alle beten. Für andere. Nicht für sich.
Am oberen Rand dieser Ikone schwebt ein goldenes Medaillon mit der Gestalt des Mittlers: Jesus Christus, segnend, mit ausgestreckter Hand, durchbohrt, aber lebendig.
Darunter in feiner Schrift: „Einer ist Gott. Einer der Mittler zwischen Gott und den Menschen.“
Symbolik:
Die Farben wechseln zu hellen Blau- und Goldtönen – das Licht durchdringt die Welt.
Die Hände sind unterschiedlich dargestellt – offen, segnend, bittend. Keine Haltung gleicht der anderen.
Keine Mauern trennen die Menschen – Gebet verbindet sie über alle Grenzen hinweg.
Ein einziges Bild – drei Fenster
Wenn man alle drei Tafeln schließt, entsteht ein gemeinsames Zentrum: Das unsichtbare Auge Gottes, das durch alle Zeiten sieht.
Die erste Tafel mahnt: Gerechtigkeit beginnt bei den kleinen Entscheidungen.
Die zweite Tafel fordert: Nutze die Zeit klug – nicht für dich, sondern für andere.
Die dritte Tafel lädt ein: Bete – nicht nur mit Worten, sondern mit erhobenen Händen und gereinigtem Herzen.
Diese Predigt will kein Gemälde an der Wand sein. Sondern ein Bild in deinem Inneren. Wenn du heute betest, frage dich:
Welche Waage trägst du mit dir?
Welche Schuldscheine könntest du loslassen?
Und für wen erhebst du heute deine Hände?
Was ich daraus lernen möchte:
Ich möchte sensibler werden für die Ungerechtigkeit, die sich in Strukturen verbirgt – und im Stillen anklagen.
Ich will die mir anvertraute Zeit klug nutzen, auch wenn ich Fehler gemacht habe – denn Gott liebt Umkehr.
Und ich möchte ein Mensch des Gebets sein – nicht im Rückzug, sondern mitten in dieser Welt.
Denn jeder dieser drei Räume ist ein Teil der großen Ikone Gottes: Waage, Schuldbuch und Gebet – verbunden durch Gnade
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Weitere interessante, konkretere Informationen zu Friedrich Engels
(siehe Predigten ganz oben)
Friedrich Engels wurde am 28. November 1820 in Barmen geboren, das heute zu Wuppertal gehört. Er wuchs in einer streng pietistisch geprägten, protestantischen Unternehmerfamilie auf. Der Vater, Friedrich Engels senior, war ein überzeugter Calvinist und Mitinhaber der Textilfirma Ermen & Engels. Das Elternhaus war geprägt von strenger Frömmigkeit, Bibellektüre und einem Pflichtethos, das sowohl in der Familie als auch im Betrieb galt.
Diese religiöse Erziehung stand in einem auffälligen Widerspruch zu Engels’ Erfahrungen in der Welt der Industrie und Wirtschaft. Bereits als Jugendlicher bemerkte er die Diskrepanz zwischen christlicher Lehre und dem Verhalten vieler frommer Unternehmer, darunter auch seinem Vater. Besonders irritierte ihn die Art und Weise, wie in streng religiösen Kreisen oft von Nächstenliebe gesprochen, aber zugleich Arbeiter ausgebeutet wurden.
Engels beschreibt seine Entfremdung von der Religion deutlich in Briefen und autobiografischen Notizen. So schrieb er rückblickend 1892 über seine Jugend: „Das Haus war erfüllt von Frömmigkeit, aber ich sah mit eigenen Augen die Frömmsten unter den Heuchlern.“ Die von ihm beobachtete Verbindung zwischen religiösem Formalismus und sozialer Ungerechtigkeit war ein Auslöser dafür, dass er sich von der Kirche distanzierte und sich politischen und sozialen Alternativen zuwandte.
Eine wichtige Station war seine Zeit in Manchester (1842–1844), wo Engels die katastrophalen Lebensbedingungen der Arbeiterklasse erforschte. In seinem Buch Die Lage der arbeitenden Klasse in England (1845) dokumentierte er die strukturelle Ausbeutung der Arbeiter und klagte besonders die Heuchelei der protestantischen Bourgeoisie an: „Der ganze fromme Anstrich des englischen Bürgertums ist nichts als Deckmantel für ein System der Unterdrückung.“¹
Engels sah in dieser Heuchelei ein Versagen der Religion, wie sie in seiner Jugend vertreten wurde. Daraus entstand sein grundlegendes Misstrauen gegenüber institutionalisierter Religion. Später entwickelte er gemeinsam mit Karl Marx eine materialistische Geschichtsauffassung, in der Religion nicht mehr als Ausdruck echter Spiritualität, sondern als „Opium des Volkes“ beschrieben wurde – eine tröstende Illusion, die von der realen Ungerechtigkeit ablenkt.²
Seine Kritik an der Religion war also nicht nur theoretisch, sondern biografisch motiviert. Engels hatte die Heuchelei frommer Menschen am eigenen Leib erlebt, besonders in seinem Elternhaus und der industriellen Bourgeoisie. Daraus erwuchs sein späterer theoretischer Ansatz, Religion als Teil eines ideologischen Überbaus zu deuten, der bestehende Machtverhältnisse stützt.
Diese Entwicklung ist durch zahlreiche Briefe, autobiografische Hinweise und frühe Schriften gut dokumentiert. Besonders aufschlussreich ist sein Briefwechsel mit Marx, etwa wenn er 1868 schreibt: „Der christliche Glaube hat sich für mich in den Fabriken meines Vaters in ein Herrschaftsinstrument verwandelt.“³
Engels’ atheistische Haltung war keine bloße Rebellion gegen seinen Vater, sondern Ausdruck eines intellektuellen und moralischen Konflikts mit einem Frömmigkeitsverständnis, das sich nicht mit sozialer Gerechtigkeit vereinbaren ließ. Seine Erfahrungen in Wuppertal und Manchester verbanden sich zu einer einflussreichen Theorie über Religion und Gesellschaft.