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Vergleich Studienbibeln Petrus in Matthäus 16,16 bis 19

 

Auslegung und theologische Diskussion: Die Rolle des Petrus in Matthäus 16,16–19.

 

Die Diskutanden: Neue Jerusalemer Bibel versus Elberfelder Bibel mit Erklärungen

 

1. Die Auslegung der Neuen Jerusalemer Bibel

 

(Neue Jerusalemer Bibel, 3. Auflage, 1985, S. 1406–1407)

 

Die Neue Jerusalemer Bibel legt den Fokus stark auf die besonders hervorgehobene Rolle des Petrus in Matthäus 16. Die Schlüsselstelle „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen“ (Mt 16,18) wird in mehrfacher Hinsicht gedeutet:

 

Petros („Fels“) wird als programmatischer Namenswechsel verstanden, der seine Führungsrolle unter den Aposteln betont (vgl. Joh 1,42).

 

Die Kirche wird als neue messianische Gemeinschaft gesehen, deren Fundament die göttliche Erwählung und der Glaube der Jünger ist. Petrus steht hier beispielhaft.

 

Die Schlüsselgewalt (Mt 16,19) wird in direkter Parallele zu Jes 22,22 als Hinweis auf die legitime Vollmacht zur Lehre und zur Disziplinargemeinde gedeutet.

 

Besonders hervorzuheben ist: Nach katholischer Interpretation gelten diese Zusagen nicht nur Petrus persönlich, sondern auch seinen Nachfolgern – also den Päpsten. Die Formulierung wird als Einsetzung des Petrusamtes verstanden, das durch den Willen Jesu dauerhaft in der Kirche bestehen soll – selbst über den Tod des Petrus hinaus.

 

Als biblische Stütze für die bleibende Vorrangstellung des Petrus nennt die Neue Jerusalemer Bibel zusätzlich Lk 22,31f und Joh 21,15f.

 

Kerngedanke: Das Petrusamt ist bleibende Einrichtung Jesu für die Leitung der Kirche. Die Vollmacht umfasst Lehre, Disziplin, Binden und Lösen.

 

→ Starke Betonung des Papstprimats im Sinne der katholischen Tradition.

 

 

2. Die Auslegung der Elberfelder Bibel mit Erklärungen

 

(Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 9. Auflage, 2023, S. 1421)

 

Die Elberfelder Bibel verfolgt einen deutlich anderen, stärker reformatorisch geprägten Ansatz. Ihre Auslegung betont:

 

Die Aussage Jesu in Mt 16,16–18 gilt zunächst Petrus persönlich – als Sprecher der Jünger und Bekenner des Christus.

 

Das sogenannte „Petrusamt“ wird nicht als übertragbares Amt verstanden. Wie der Messiastitel ausschließlich Jesus zukommt, sei auch das Petruswort eine einmalige heilsgeschichtliche Aussage – nicht vererbbar auf Nachfolger.

 

Der Glaube des Petrus sei nicht seine eigene Leistung, sondern Ausdruck göttlicher Offenbarung und Erwählung. Darin liegt die theologische Pointe: Nicht Petrus’ Persönlichkeit begründet seine Rolle, sondern Gottes Gnade.

 

Der Begriff Gemeinde (ekklesia, „die Herausgerufene“) wird erstmals hier verwendet. Das Fundament der Gemeinde sei nicht allein Petrus, sondern das gemeinsame apostolische Zeugnis, mit Jesus Christus als Eckstein (vgl. Eph 2,20).

 

Das Wort „meine Gemeinde“ verweist auf die um Jesus versammelte Jüngerschar und deren Beziehung zu ihm – nicht auf eine institutionalisierte Hierarchie.

 

Kerngedanke: Petrus’ Rolle ist einzigartig, aber nicht übertragbar. Keine Begründung eines vererbbaren Amtes.

 

→ Ablehnung des Papstprimats in der Form einer durchgehenden Nachfolge.

 

 

Gegenüberstellung beider Standpunkte

 

Neue Jerusalemer Bibel  (NJB)    Elberfelder Bibel mit Erklärungen (ELB)

 

NJB: Petrus als „Fels“ Symbol für bleibende Leitungsfunktion.

ELB: Betonung auf persönliche Berufung, nicht übertragbar.

 

NJB: Schlüsselgewalt: Symbol für Lehrvollmacht u. Disziplinargewalt (auch für Nachfolger).

ELB: Gilt nur für Petrus selbst

 

NJB: Binden und Lösen: Vollmacht zur kirchlichen Autorität, auch über den Tod hinaus.

ELB: Symbolische Autorität, nicht institutionell.

 

NJB: Nachfolge/Papsttum   Begründung für das Petrusamt und Papsttum 

ELB: Keine theologische Grundlage für ein fortlaufendes Amt

 

 

NJB: Gemeindebegriff, Kirche als sichtbare, göttlich eingesetzte Gemeinschaft unter Leitung.

ELB: Gemeinde als geistliche Gemeinschaft aller Gläubigen

 

NJB: Zielrichtung: Betonung der institutionellen Kontinuität.

ELB: Betonung der geistlichen Erwählung durch Glauben

 

 

Theologische Bewertung

 

Die Auslegung der Neuen Jerusalemer Bibelsteht eindeutig im Kontext der römisch-katholischen Lehre vom Primat des Petrus und seiner Nachfolger im Papstamt. Die Berufung auf Matthäus 16,18f in Verbindung mit Jesaja 22,22 und anderen Stellen bildet die klassische exegetische Grundlage für die katholische Ekklesiologie ( = die Lehre/Wissenschaft von der Kirche/Gemeinde) und das Verständnis des Papsttums als von Christus selbst eingesetzt.

 

Die Elberfelder Bibelmit Erklärungen hingegen vertritt eine evangelikale bzw. reformatorisch geprägte Sichtweise. Sie sieht in der Aussage Jesu keine dauerhafte Institutionalisierung eines kirchlichen Leitungsamts, sondern eine persönliche Auszeichnung des Petrus, der exemplarisch für den Glauben steht. Die Betonung liegt auf dem „Felsen des Bekenntnisses“, nicht auf dem Amtsträger.

 

 

Schlussfolgerung

 

Die Spannung zwischen diesen beiden Sichtweisen zeigt deutlich, wie unterschiedlich das Petruswort verstanden werden kann – entweder als Gründungswort für das Papsttum oder als theologischer Höhepunkt im Glaubensbekenntnis eines einzelnen Jüngers. Beide Perspektiven haben biblische Anknüpfungspunkte, führen jedoch zu unterschiedlichen kirchlichen Strukturen und Selbstverständnissen.

 

Diese Unterschiede können aber als Herausforderung zum gemeinsamen Hören aufeinander dienen. Vielleicht steckt ja in beiden Positionen wertvolles?

 

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Verwendete Quellen:

 

Neue Jerusalemer Bibel, 3. Auflage, 1985, Seiten 1406–1407.

Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 9. Auflage, 2023, Seite 1421.