Gebet ist das liebevolle Gespräch mit Gott!


Predigt: Sonntag, 7. September 2025

 

Thema der Predigt: Entscheidungen mit dem Heiligen Geist

 

Bibeltexte:

Weisheit 9,13–19

Philemon 9b–10.12–17

Lukas 14,25–33

 

 

Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen,

 

die heutigen Lesungen konfrontieren uns mit einer anspruchsvollen Wahrheit: Wer Gott folgen will, muss Entscheidungen treffen, Kosten abwägen, Besitz loslassen, Bindungen relativieren – und am Ende darauf vertrauen, dass Gottes Geist uns führt. Diese Botschaft fordert uns heraus. Sie tröstet nicht sofort. Aber sie richtet auf, wenn wir uns auf sie einlassen. Im Zentrum steht die Frage: Was ist mir wirklich wichtig – und bin ich bereit, mein Leben danach auszurichten?

 

 

Zusammenfassung und Auslegung der drei Bibeltexte

 

Die erste Lesung aus dem Buch der Weisheit beschreibt, wie schwer es dem Menschen fällt, Gottes Willen zu erkennen. Unsere Gedanken sind begrenzt, unser Leib belastet die Seele, und selbst das Offensichtliche verstehen wir oft nur mit Mühe. Doch Gott hilft: Durch seinen heiligen Geist schenkt er Weisheit und richtet unsere Wege aus.

 

 

Auslegung von Weisheit 9,13–19

(theologisch fundiert, mit historischem Hintergrundwissen und alltagsnaher Anwendung)

 

1. Einführung in den Text

 

Die Verse Weisheit 9,13–19 bilden den Abschluss eines längeren Gebets Salomos um göttliche Weisheit (Weish 9,1–18). Sie stellen eine tiefgründige Reflexion über die Begrenztheit menschlicher Erkenntnis und die Notwendigkeit göttlicher Offenbarung dar. Zentral ist die Frage: Wie kann ein Mensch überhaupt erkennen, was Gott will?

 

> „Welcher Mensch kann Gottes Plan erkennen oder wer begreift, was der Herr will?“ (Weish 9,13)

 

Der Text hat über Jahrhunderte hinweg Menschen bewegt, die angesichts von Leid, Ungewissheit und großen Entscheidungen nach Gottes Willen fragten.

 

2. Historischer Kontext

 

Das Buch der Weisheit entstand vermutlich im 1. Jahrhundert v. Chr. in Alexandria, der hellenistisch geprägten Hauptstadt Ägyptens, in der eine große jüdische Gemeinde lebte. Diese war stark vom griechischen Denken beeinflusst – insbesondere von der Philosophie Platons und der stoischen Ethik. Das Buch verbindet jüdische Theologie mit griechischer Philosophie, etwa wenn es um die Unzulänglichkeit des menschlichen Denkens oder um den Einfluss des Körpers auf die Seele geht.

 

In Weish 9 wird König Salomo als Sprecher eingeführt, doch der Text ist keine historische Rückblende, sondern eine literarisch gestaltete Weisheitsmeditation. Er spiegelt das geistige Ringen vieler Juden in der Diaspora wider: Wie kann ich in einer komplexen Welt nach Gottes Maßstäben leben, wenn ich selbst so wenig verstehe?

 

 

3. Theologische Kernaussagen

 

a) Begrenztheit des Menschen

Der Mensch ist laut Vers 14 ein unsicherer Denker:

 

> „Unsicher sind die Überlegungen der Sterblichen und einfältig unsere Gedanken.“

 

Diese Einschätzung steht im Gegensatz zur antiken Hybris des rationalen Wissens. Sie erinnert vielmehr an Aussagen der Bibel über die Torheit des Menschen ohne Gottes Hilfe (vgl. Jer 10,23 oder Spr 3,5).

 

Die Weisheit beschreibt, dass selbst das Naheliegende – das „auf der Hand Liegende“ (V. 16) – nur mit Mühe verstanden wird. Wie viel weniger können wir dann das erkennen, was im Himmel ist?

 

b) Notwendigkeit göttlicher Offenbarung

In Vers 17 wird klar: Niemand kann Gottes Plan erkennen, wenn Gott nicht selbst seinen Geist sendet.

 

> „Wer hat je deinen Plan erkannt, wenn du ihm nicht Weisheit gegeben und deinen heiligen Geist aus der Höhe gesandt hast?“

 

Das erinnert an Pfingsten (Apg 2) und an Paulus’ Lehre in 1 Kor 2,10–14: Der Geist Gottes erleuchtet das Herz des Menschen. Ohne diesen Geist bleibt Gott dem Menschen verschlossen.

 

c) Wirkung der göttlichen Weisheit

 

Die Weisheit bewirkt Orientierung:

> „So wurden die Pfade der Erdenbewohner gerade gemacht.“ (V.18)

 

Sie ist also nicht nur Erkenntnis, sondern Wegweisung. Weisheit hat immer einen ethischen und praktischen Bezug: Sie hilft dem Menschen, zu erkennen, „was Gott gefällt“.

 

4. Kommentare aus Studienbibeln

 

Die Neue Jerusalemer Bibel (kath.) erklärt, dass „Weisheit“ im alttestamentlichen Sinn keine bloße Intelligenz meint, sondern die Fähigkeit, das eigene Leben im Einklang mit Gottes Willen zu gestalten. Die Weisheit sei Gabe Gottes, „die es dem Menschen ermöglicht, das rechte Maß zu finden inmitten der Spannungen zwischen Leib und Geist“.¹

 

Die Stuttgarter Erklärungsbibel (evangelisch) weist darauf hin, dass der Text mit dem Begriff des „irdischen Zelts“ (V.15) einen Rückgriff auf hellenistisches Denken vornimmt, aber in jüdischer Theologie verankert bleibt: Der Leib wird nicht verachtet, sondern als Teil des Geschaffenen verstanden – jedoch als etwas, das den Menschen begrenzen kann.²

 

Die Stuttgarter Studienausgabe (katholisch) betont, dass die göttliche Weisheit in diesem Abschnitt wie eine „überirdische Führungskraft“ beschrieben wird, die dem Menschen Richtung gibt in einer Welt, die ohne sie dunkel und unverständlich bleibt.³

 

 

5. Alltagsnahe Anwendung

 

Wir alle stehen immer wieder vor schwierigen Entscheidungen:

– Soll ich den sicheren Job behalten oder einen neuen Weg wagen?

– Wie gehe ich mit Krankheit und Leid um, das ich nicht verstehe?

– Wie finde ich heraus, was Gott von mir will?

 

Dieser Text erinnert uns daran, dass wir nicht alles allein herausfinden müssen. Es ist kein Zeichen von Schwäche, Gott um Hilfe zu bitten – im Gegenteil. Wer auf Gottes Weisheit vertraut, lebt tiefer.

 

Ein junger Mann sagte nach einem schweren Schicksalsschlag: „Ich verstehe Gott nicht – aber ich will ihn trotzdem bitten, mir zu helfen.“ Diese Haltung ist Ausdruck jener Demut, die der Weisheit den Weg bahnt.

 

In einer Welt voller Ratgeber, Podcasts und Meinungen lädt uns der Weisheitstext ein, Gott selbst als Quelle der Erkenntnis zu suchen. Das ist keine Flucht aus der Verantwortung, sondern der Beginn wahrer Verantwortung.

 

6. Bezug zu Jesus Christus

 

Die frühen Christen sahen in Jesus die personifizierte Weisheit Gottes (vgl. 1 Kor 1,24; Kol 2,3). Seine Menschwerdung ist die Antwort auf die Frage aus Weisheit 9: Wie können wir Gottes Willen erkennen? – Durch Christus.

> „Denn ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ (Joh 14,6)

 

7. Fazit und Appell

 

Gottes Geist schenkt Weisheit – nicht nur für kluge Gedanken, sondern für richtige Entscheidungen.

Wer betet, empfängt Orientierung. Wer Gott vertraut, wird nicht in der Ungewissheit versinken. Und wer erkennt, wie wenig er weiß, ist dem wahren Wissen näher als der, der meint, alles zu verstehen.

 

 

Der Lukastext

Im Evangeliumstext nach Lukas fordert Jesus die Menschen zur radikalen Nachfolge auf: Wer nicht alles hinter sich lässt – Familie, Besitz, sogar das eigene Leben – und sein Kreuz trägt, kann ihm nicht nachfolgen. Jesus fordert zum Nachdenken auf, wie ein Bauherr oder ein Feldherr: Wer nicht sorgfältig plant, scheitert. Ebenso muss jeder überlegen, was ihm die Nachfolge wert ist.

 

Auslegung von Lukas 14,25–33

(theologisch fundiert, mit historischem Hintergrundwissen und alltagsnaher Anwendung)

 

 

1. Einführung in den Text

 

Lukas 14,25–33 gehört zu den sogenannten Radikalsprüchen Jesu. Jesus ist unterwegs nach Jerusalem (vgl. Lk 9,51), wo ihn Kreuz und Tod erwarten. Immer mehr Menschen folgen ihm – vielleicht aus Neugier, vielleicht aus Begeisterung. Doch Jesus stellt klar: Wer ihm wirklich nachfolgen will, muss bereit sein, alles zu verlassen – sogar seine Familie, seinen Besitz und sein eigenes Leben. Diese Nachfolge ist kein Hobby, sondern ein ganzer Lebensweg.

 

> „Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.“ (V. 26)

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2. Historischer und kultureller Hintergrund

 

In der antiken Welt waren Familie, Ehre und Besitz zentrale Lebensfundamente. Die Loyalität gegenüber den Eltern war tief im jüdischen Denken verwurzelt (vgl. Ex 20,12). Jesus fordert hier nicht wörtlichen Hass oder Abbruch familiärer Bindungen – der Begriff „gering achten“ ist eine semitische Übertreibung, um den Vorrang des Reiches Gottes zu verdeutlichen. Es geht darum, dass keine Beziehung – auch nicht die zur Familie – über der Treue zu Christus stehen darf.

 

Die Wendung „sein Kreuz tragen“ (V. 27) ist für uns heute vertraut, war damals jedoch ein drastisches Bild: Das Kreuz war das römische Folterinstrument – wer es trug, war ein Verurteilter auf dem Weg zur Hinrichtung. Jesus beschreibt Nachfolge also als bewusste Lebenshingabe, nicht als bequemes Mitlaufen.

 

Die beiden Gleichnisse (Turmbau und Krieg) dienen zur Veranschaulichung: Wer etwas Großes beginnt, muss vorher die Folgen bedenken. Ebenso müssen Jünger Jesu wissen, worauf sie sich einlassen.

 

 

3. Theologische Kernaussagen

 

a) Nachfolge verlangt Entschiedenheit

Jesus duldet keine Halbherzigkeit. Wie ein Bauherr, der plant, oder ein König, der sich auf den Krieg vorbereitet, sollen auch wir überlegen, ob wir wirklich bereit sind, Jesus zu folgen – mit allem, was dazugehört.

 

b) Nachfolge bedeutet Verzicht

Nicht jeder muss tatsächlich seinen Besitz aufgeben. Doch jeder ist eingeladen, nichts als unantastbar zu betrachten – auch nicht den eigenen Besitz. Alles, was wir haben, soll Gott zur Verfügung stehen.

 

c) Nachfolge ist ein Gegenentwurf zur Masse

In Vers 25 heißt es: „Viele Menschen begleiteten ihn.“ Doch Jesus weiß, dass die Menge nicht gleichbedeutend ist mit echter Jüngerschaft. Die Nachfolge ist kein Trend, sondern eine Entscheidung gegen den Strom.

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4. Kommentare aus Studienbibeln

 

Die Stuttgarter Erklärungsbibel betont: *„Der Abschnitt richtet sich an alle, die Jesus folgen wollen. Er warnt vor einer billigen Nachfolge. Wer nicht alles aufgibt, kann ihm nicht nachfolgen.“*¹

 

Die Neue Jerusalemer Bibel erklärt: *„Die beiden Gleichnisse betonen die Notwendigkeit der Entscheidung. Man muss wissen, worauf man sich einlässt – wie ein Bauherr oder ein König. Die Nachfolge ist nichts für Unüberlegte.“*²

 

Die STAMPS-Studienbibel  ergänzt: *„Nachfolge bedeutet Hingabe, Opferbereitschaft und die Bereitschaft, den eigenen Willen unter den Willen Gottes zu stellen. Jesus spricht Klartext – nicht um zu entmutigen, sondern um Ehrlichkeit zu schaffen.“*³

 

 

5. Alltagsnahe Anwendung

 

Vielleicht kennen wir das: Wir beginnen etwas voller Begeisterung – ein Ehrenamt, ein Glaubenskurs, eine neue Lebensphase – und merken nach einiger Zeit: Das kostet Kraft. Es fordert Opfer. Man muss sich entscheiden: Mache ich weiter – oder ziehe ich mich zurück?

 

Jesus lädt uns ein, nicht leichtfertig zu folgen, sondern ehrlich. Nachfolge bedeutet nicht, dass wir alles sofort perfekt machen. Aber sie bedeutet: Ich bin bereit, mein Leben nach Jesus auszurichten.

 

Ein junger Mann sagte nach einem missionarischen Einsatz: „Ich habe gemerkt, dass ich nicht gleichzeitig meine ganze Karriere planen und ganz für Jesus leben kann. Ich musste wählen – und habe gewählt.“

 

Diese Worte bringen es auf den Punkt: Jesus will nicht unsere Nebensache sein. Er will das Zentrum.

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6. Verzicht im Alltag

 

Was heißt das heute?

 

– Zeit opfern, um zu beten, zu helfen, zu hören.

– Geld loslassen, um andere zu unterstützen.

– Beziehungen klären, wenn sie uns von Jesus wegziehen.

– Meinungen aushalten, wenn andere unser Christsein belächeln.

 

Nachfolge zeigt sich nicht nur im Großen, sondern auch im Stillen: Ein Vater, der morgens mit seinen Kindern betet. Eine Angestellte, die ehrlich bleibt, obwohl es ihr Nachteile bringt. Eine Rentnerin, die in ihrer Gemeinde mithilft, obwohl sie müde ist.

 

 

7. Bezug zu anderen Bibelstellen

 

Jesus greift das Thema an vielen Stellen auf:

> „Wer sein Leben retten will, wird es verlieren. Wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.“ (Lk 9,24)

> „Niemand, der die Hand an den Pflug legt und zurückblickt, taugt für das Reich Gottes.“ (Lk 9,62)

> „Sucht zuerst das Reich Gottes.“ (Mt 6,33)

 

 

Diese Aussagen zeigen: Nachfolge ist keine Ergänzung zum Leben, sondern eine Lebensentscheidung.

 

 

8. Fazit und Appell

 

Nachfolge ist kein Gefühl, sondern eine bewusste Entscheidung – die unser Leben kostet, aber zugleich erfüllt.

Jesus ruft uns nicht zur Mittelmäßigkeit, sondern zur Hingabe. Nicht zur Masse, sondern zur Wahrheit. Nicht zum Kompromiss, sondern zur Klarheit. Und er geht uns dabei selbst voraus – mit dem Kreuz auf den Schultern und der Liebe im Herzen.

 

 

Der Philemonbrief

Empfehlung : Lies den ganzen Philemonbrief. Es sind keine 30 Verse:

 

 

Erläuterung zum Philemonbrief

(vgl. Stuttgarter Neues Testament, kommentierte Studienausgabe (katholisch), 3. Aufl. 2024, S. 762–763)

 

Der Philemonbrief ist ein kurzer, persönlicher Brief von Paulus. Er nennt Timotheus als Mitverfasser, aber vermutlich hat Paulus den Text allein geschrieben. Adressat ist Philemon, ein Christ mit einem großen Haus, in dem sich eine Gemeinde versammelt. Auch Apphia (vermutlich Philemons Frau), Archippus (wohl der Sohn) und die Hausgemeinde werden angesprochen.

 

Paulus beginnt mit einem Gebet: Er dankt Gott für Philemons Glauben und seine Liebe zu anderen Christen. Dieser Abschnitt ist geprägt von Dank, Freude und Hoffnung.

 

Der Hauptteil des Briefes beginnt in Vers 8. Paulus bittet Philemon um etwas Wichtiges – aber auf freundliche, nicht fordernde Weise. Es geht um den Sklaven Onesimus. Dieser war wahrscheinlich entlaufen und hatte Paulus im Gefängnis aufgesucht. Dort kam er zum Glauben und wurde getauft. Paulus nennt ihn nun sein „Kind“.

 

Für Paulus ist Onesimus jetzt kein einfacher Sklave mehr, sondern ein Bruder im Glauben. Er ist „nützlich“ – was wörtlich dem Namen „Onesimus“ entspricht. Paulus würde ihn gern bei sich behalten, aber er will Philemons Zustimmung. Er betont, dass Philemon frei entscheiden soll – nicht aus Zwang, sondern aus Liebe.

 

Paulus bittet also: Nimm Onesimus zurück, aber nicht mehr als Sklaven, sondern als Bruder in Christus. Das verändert die ganze Beziehung. Philemon soll ihn so aufnehmen, wie er auch Paulus selbst aufnehmen würde.

 

Paulus sagt sogar: Falls Onesimus dir etwas schuldet oder dir geschadet hat, dann übernehme ich das – ich schreibe das mit eigener Hand. Das ist ein starkes Zeichen der Verantwortung.

 

Am Ende folgen persönliche Grüße und ein kurzer Segenswunsch.

 




Hier sind fünf alltagsnahe Appelle auf Grundlage des Philemonbriefs: 

 

1. Sei bereit, Menschen eine zweite Chance zu geben – auch wenn sie dich enttäuscht haben.

Wie Paulus für Onesimus bittet, so sind auch wir eingeladen, nicht nur das Vergangene zu sehen, sondern den Menschen, der sich verändert hat.

 

2. Beurteile andere nicht nach ihrem sozialen Status, sondern sieh in ihnen Brüder und Schwestern.

Philemon sollte Onesimus nicht mehr als Sklaven sehen, sondern als gleichwertigen Bruder – genauso sollen wir Menschen mit Respekt begegnen, egal ob Chef oder Obdachloser.

3. Handle nicht aus Zwang oder Pflichtgefühl – sondern aus freiem Herzen.

Paulus will, dass Philemon aus Liebe entscheidet, nicht aus Druck. Auch wir sollen unsere Hilfe, unser Ja oder Nein aus innerer Überzeugung treffen.

 

4. Steh für andere ein, wenn sie es allein schwer haben.

Paulus übernimmt die Verantwortung für Onesimus – ein Vorbild dafür, dass wir uns einsetzen für Menschen, die keinen Anwalt für sich selbst haben.

 

5. Lass dich durch den Glauben verändern – und gib diese Veränderung weiter.

Onesimus wird vom entlaufenen Sklaven zum Bruder in Christus. Auch wir dürfen uns wandeln lassen – und ein neues Kapitel im Umgang mit anderen aufschlagen.

 

 

Weiterer bibelwissenschaftlicher und historischer Hintergrund

 

Das Buch der Weisheit, vermutlich im 1. Jh. v. Chr. in Alexandria verfasst, verbindet griechische Philosophie mit jüdischer Gottesfurcht. Der Text betont die Unzugänglichkeit göttlicher Erkenntnis für den Menschen, sofern dieser nicht vom Geist Gottes erleuchtet wird – ein Gedanke, der auch bei Paulus anklingt (vgl. 1 Kor 2,10–14).

 

Im Philemonbrief begegnet uns ein eindrückliches Beispiel gelebter christlicher Sozialethik: Der Apostel bittet nicht gesetzlich oder fordernd, sondern auf Basis der Liebe. Im Römischen Reich war ein Sklave rechtlich Eigentum des Herrn. Paulus durchbricht dieses Denkmuster durch das Evangelium: „Nicht mehr als Sklave, sondern als Bruder“ – eine subversive Botschaft, die auf lange Sicht das Sklaventum untergraben sollte.

 

Lukas 14,25–33 enthält sogenannte Radikalsprüche Jesu, wie sie auch bei Matthäus vorkommen (z. B. Mt 10,37–39). Der Begriff „sein Kreuz tragen“ verweist auf den Weg zur Kreuzigung und wird hier zur Metapher für den eigenen Lebensweg in der Nachfolge. Lukas akzentuiert, dass diese Nachfolge eine bewusste Entscheidung mit Folgen ist.

 

 

Weitere Kommentare aus Studienbibeln und Fachliteratur zu allen drei Bibeltexten

 

Die Stuttgarter Erklärungsbibel kommentiert zu Lk 14: „Nachfolge Jesu bedeutet eine bewusste Entscheidung mit allen Konsequenzen. Nicht blinder Fanatismus, sondern durchdachter Ernst ist gefragt.“

Die Neue Jerusalemer Bibel hebt hervor, dass „Weisheit“ in Weish 9 nicht nur theoretische Erkenntnis meint, sondern „die Gabe, richtig zu leben und zu handeln“ – also geistliche Unterscheidungskraft.

Die STAMPS-Studienbibel betont zu Philemon: „Paulus transformiert gesellschaftliche Beziehungen durch die Liebe Christi – Onesimus ist nicht länger ein Besitz, sondern ein gleichwertiger Mitarbeiter im Reich Gottes.“

In der Stuttgarter Studienausgabe heißt es zum Weisheitstext: „Die Bitte um Weisheit ist ein demütiger Akt der Gotteserkenntnis – sie befähigt zum Handeln im Licht Gottes.“

 

 

Alltag und Anwendung

 

Vielleicht kennen Sie das: Entscheidungen treffen – das kann lähmen. Man hat Optionen, aber auch Verantwortung. Eine Frau mit zwei Kindern überlegt, ob sie in Teilzeit bleibt oder auf Karriere setzt. Ein junger Mann fragt sich, ob er in der Kirche engagiert bleibt, obwohl sein Freundeskreis das nicht versteht. Ein Unternehmer kämpft mit der Frage, ob er trotz finanzieller Verluste an seinen ethischen Prinzipien festhält.

 

Jesus sagt: Überlege gut. Rechne die Kosten durch. Und dann: Entscheide dich. Wer ihm nachfolgen will, soll es nicht halbherzig tun. Doch er sagt das nicht hart, sondern ehrlich. Denn nur, was ganz gegeben wird, kann ganz verwandelt werden.

 

 

Erfahrungsberichte

 

Der Baptistenprediger Billy Graham sagte einmal: „Christus ruft dich nicht, damit du ihm einen Platz gibst. Er ruft, damit du ihm dein Leben gibst.“

 

Frère Roger von Taizé schrieb: „Wer sich Christus anvertraut, verliert nichts, sondern gewinnt in allem die Fülle.“

 

Papst Benedikt XVI. ermutigte in seiner Antrittspredigt 2005: „Habt keine Angst vor Christus! Er nimmt euch nichts, sondern gibt euch alles.“

 

Der Evangelist Reinhard Bonnke schilderte, wie er alles aufgab – Familie, Heimat, Sicherheit –, um Christus in Afrika zu dienen. „Ich bereue nichts. Ich bin reicher denn je – nicht an Geld, sondern an Leben.“

 

Martin Luther formulierte drastisch: „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.“

 

 

Innerer Zusammenhang der Texte

 

Alle drei Bibeltexte führen uns auf denselben Weg: Gott verlangt Entscheidungen, aber er lässt uns nicht allein.

Die Weisheit ist seine Gabe. Der Umgang mit Menschen – wie Philemon mit Onesimus – ist Ausdruck dieser Weisheit. Und die Bereitschaft, Jesus radikal zu folgen, ist nicht Torheit, sondern kluge Lebensgestaltung im Licht des Ewigen.

 

Besonderer Schwerpunkt dieser Predigt:

 

Nachfolge erfordert klare Entscheidungen – aber auch Vertrauen auf den Heiligen Geist.

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Abschließender Appell

 

Liebe Freunde, wir leben in einer Zeit, die uns ständig vor Wahlmöglichkeiten stellt. Was bleibt, was zählt? Christus lädt uns ein, neu zu prüfen, wohin wir gehören. Es ist nicht bequem, ihm zu folgen – aber es ist die einzige Weise, das Leben in Fülle zu finden. Wagen wir es!

 

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Fürbitten

 

Guter Gott, wir bitten dich um Weisheit für alle, die politische Verantwortung tragen – dass sie Entscheidungen treffen, die dem Leben dienen.

 

Wir bitten dich für Menschen, die zwischen Familie und Beruf hin- und hergerissen sind: Schenke ihnen Klarheit und Mut.

 

Wir beten für Christen, die wegen ihres Glaubens verfolgt oder verspottet werden: Stärke sie in ihrer Nachfolge.

 

Für alle, die unter wirtschaftlichem Druck stehen und in Versuchung geraten, ihre Werte aufzugeben: Bewahre sie in der Treue.

 

Für Gefangene wie Onesimus, für alle, die sich nach Annahme und Vergebung sehnen: Öffne Wege zur Versöhnung.

 

Für die Kirche in aller Welt: dass sie mit Liebe, Klarheit und Entschiedenheit den Weg Jesu zeigt.

 

Für unsere Gemeinschaft im Gebetsatelier_Kevelaer: Lass uns Werkzeuge deiner Weisheit und deines Friedens sein.

 

 

Alphabetisch sortierte Literaturhinweise (vereinheitlicht):

 

Benedikt XVI. Predigt zur Amtseinführung, Vatikan, 2005.

Bibleserver. „Einheitsübersetzung.“ https://www.bibleserver.de

Bonhoeffer, Dietrich. Nachfolge. München: Chr. Kaiser Verlag, 1937.

Graham, Billy. Peace with God. Waco: Word Books, 1953.

Luther, Martin. Großer Katechismus. Wittenberg, 1529.

Neue Jerusalemer Bibel. Freiburg: Herder, 1985.

SCHOTT-Messbuch. https://schott.erzabtei-beuron.de

STAMPS-Studienbibel. Witten: SCM R.Brockhaus, 2015.

Stuttgarter Erklärungsbibel. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2007.

Stuttgarter Neuen Testament, kommentierte Studienausgabe (katholisch), 3. überarb. Auflage 2024, Seiten 762–763.

Stuttgarter Studienausgabe Altes & Neues Testament + Lexikon. Stuttgart: Katholisches Bildungswerk, 2024.

Taizé, Frère Roger. Gott kann nur lieben. Taizé: Edition Taizé, 2003.

Vatican News. „Evangelium des Tages.“ https://www.vaticannews.va/de/evangelium-des-tages.html


Erstellt von Werner Th. Jung. Fragen? Verbesserungsvorschläge? Schreiben Sie mir.

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