Predigt 1: Gott handelt
Predigt 2: Sodom (Schwerpunkt: Das Vater Unser) ab den roten XXXXXXXXXXXX
Predigt: Nr.: 1 für Sonntag, den 27. Juli 2025
Thema: Gott handelt
Bibeltexte:
Erste Lesung: Genesis 18,20–32
Zweite Lesung: Kolosser 2,12–14
Evangelium: Lukas 11,1–13
→ Tagesevangelium: www.vaticannews.va/de/evangelium-des-tages.html
Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen,
drei kraftvolle Texte rufen uns heute in das Geheimnis des Gebets und der göttlichen Barmherzigkeit hinein. Abraham ringt mit Gott um das Leben der Gerechten. Paulus erklärt, wie Gott durch Christus unsere Schuld aufgehoben hat. Und Jesus selbst lehrt uns, wie wir beten sollen – und warum Gott auf unser Bitten antwortet.
Genesis
In der ersten Lesung (Gen 18,20–32) erleben wir Abraham als Fürbitter für Sodom. In einem fast kühnen Gespräch ringt er mit Gott um Erbarmen – beginnend bei fünfzig bis hinunter zu zehn Gerechten. Gottes Geduld ist spürbar, seine Bereitschaft zur Gnade tief beeindruckend.
Theologische Auslegung von Genesis 18,20–32:
Textzusammenhang:
Genesis 18,20–32 ist Teil einer größeren Erzählung (Gen 18,1–33), in der Abraham als Gastfreund drei geheimnisvolle Männer empfängt – die im christlichen Verständnis oft als Repräsentanten der göttlichen Gegenwart gesehen werden. Unmittelbar nach dieser Szene wendet sich der Text den Städten Sodom und Gomorra zu, deren Schicksal ein zentrales Thema der biblischen Urgeschichte bleibt.
Vers 20–21: „Das Klagegeschrei über Sodom … ihre Sünde ist schwer“
Im Hebräischen ist vom „Zakat“ die Rede – einem „Schrei aus dem Elend“ oder „Hilferuf von Unterdrückten“. Es ist ein Aufschrei von Opfern – nicht bloß eine moralische Feststellung. Damit wird deutlich: Die Sünde Sodoms ist nicht abstrakt, sondern hat konkrete Opfer. Das wird von der Elberfelder Studienbibel bestätigt: „Es handelt sich um soziales Unrecht, gewaltsame Unterdrückung, Ausbeutung und sexualisierte Gewalt (vgl. Ez 16,49–50).“¹
Vers 22–25: Abrahams Fürbitte beginnt – „Willst du den Gerechten mit den Ruchlosen wegraffen?“
Hier begegnet uns das wohl kühnste Gebet des Alten Testaments. Abraham tritt nicht als neutraler Beobachter auf, sondern stellt sich zwischen das drohende Gericht und die Stadt. Er appelliert an Gottes Gerechtigkeit – aber nicht gegen seine Barmherzigkeit, sondern im Vertrauen auf sie.
Die Stuttgarter Erklärungsbibel hebt hervor, dass Abraham Gott nicht vorschreibt, was er tun soll, sondern aus der Verheißung Gottes selbst schöpft: „Sollte der Richter der ganzen Erde nicht Recht üben?“ (V. 25) – das ist kein Vorwurf, sondern ein Vertrauensbekenntnis.²
Ausgelassene Verse
Im Genesistext wurden die Verse 18–19 ausgelassen. Dort spricht Gott über Abrahams Berufung, alle Völker durch ihn zu segnen. Warum ausgelassen? Vermutlich, um den Fokus auf den Bittdialog zu legen. Doch diese Verse zeigen: Abrahams Fürbitte ist Teil seines Berufungsauftrags.
Alltagsnähe:
Man stelle sich vor: Ein Mensch erfährt, dass ein Gericht über eine Gruppe hereinzubrechen droht. Statt Schadenfreude oder Gleichgültigkeit zeigt er Mitgefühl – er sucht das Gespräch mit der höchsten Instanz. So könnte heute ein Christ in der Fürbitte für korrupte Systeme oder gewalttätige Milizen eintreten:
„Herr, verschone sie um der Gerechten willen in ihrer Mitte.“ Auch heute noch ruft Gott seine Kirche zur Fürsprache – nicht zur Distanzierung.
Vers 26–32: Das „Herunterhandeln“ auf zehn Gerechte
In sechs Anläufen verringert Abraham die Zahl der „Rettenden“. Doch er stoppt bei zehn. Warum?
Hier erleben wir wieder das Motiv des Kämpfers mit Gott.
Einige Ausleger, z. B. der jüdische Kommentator Rashi, deuten dies so: Zehn seien die kleinste religiöse Einheit (Minjan) – also eine betende Gemeinschaft.³ Andere sehen hierin ein Zeichen für Gottes Geduld: Er ist bereit, viele um der wenigen willen zu retten. Auch Jesus greift später dieses Denken auf: „Wenn das Licht in dir finster ist – wie groß wird die Finsternis sein?“ (Mt 6,23) – aber auch: „Ihr seid das Licht der Welt.“ (Mt 5,14)
Christlicher Blickwinkel:
Diese Erzählung wirkt prophetisch – sie weist voraus auf den einen Gerechten, Jesus Christus, der nicht nur zehn, sondern alle rettet.
Der heilige Irenäus von Lyon schreibt: „Gott sprach mit Abraham wie ein Vater mit seinem Kind, aber er heilte die Welt durch seinen Sohn.“⁴
Die Fürbitte Abrahams ist daher auch ein Vorbote der priesterlichen Rolle Jesu (vgl. Hebr 7,25). Er tritt für die Menschheit ein, nicht nur mit Worten, sondern mit seinem Blut.
Aktuelle Relevanz:
In einer Zeit globaler Krisen – Krieg, Flucht, Klimakrise, Polarisierung – ist diese Bibelstelle eine Einladung zum Gebet, zur Fürbitte, zur moralischen Wachsamkeit. Wir können nicht alle retten. Aber wir dürfen wie Abraham mit Gott ringen. Und wir dürfen darauf vertrauen, dass Gottes Gerechtigkeit niemals von seiner Barmherzigkeit zu trennen ist.
Im Evangelium (Lukas 11,1–13) antwortet Jesus auf die Bitte eines Jüngers, das Beten zu lehren. Er spricht das Vaterunser – kurz, präzise, tief. Er ergänzt es durch ein Gleichnis, in dem er eindrücklich betont: Wer bittet, dem wird gegeben. Wer sucht, der findet. Wer anklopft, dem wird geöffnet. Gott gibt nicht nur Gaben – er gibt sich selbst im Heiligen Geist.
> „Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger beten lehrte!“
Was der Text uns heute sagt
Der Abschnitt Lukas 11,1–13 ist eine kraftvolle Einladung Jesu an uns alle, das Gebet zu lernen – nicht als fromme Pflicht, sondern als lebendige Beziehung zu Gott. Die Jünger bitten Jesus nicht etwa: „Lehre uns zu predigen“ oder „lehre uns zu heilen“, sondern: „Herr, lehre uns beten.“ Das zeigt, wie zentral das Gebet für das Leben mit Gott ist. In einer Zeit der Ablenkungen, Leistungserwartungen und spirituellen Müdigkeit schenkt uns dieser Abschnitt einen tiefen und zugleich praktischen Zugang zum Gebet.
Der Lukastext Vers-für-Vers-Auslegung
1. Die Bitte der Jünger (V. 1)
> „Lehre uns beten“
Schon diese Bitte ist ein Gebet: eine Bitte um Nähe, um Beziehung, um Verbindung mit Gott. Die Jünger spüren: Jesu Gebet hat eine andere Tiefe – es ist persönlich, nicht nur rituell.
➡ Alltag heute: Auch wir stehen oft vor dem Problem: „Ich weiß nicht, wie ich beten soll.“ Doch Jesus erwartet nicht perfekte Worte, sondern ehrliches Suchen.
Bonhoeffer sagte:
> _„Beten heißt nicht: sich selbst reden hören, sondern still werden und warten, bis der Betende Gott hört.“_¹
2. Das Vaterunser in der lukanischen Fassung (V. 2–4)
Die lukanische Version des Vaterunsers ist kürzer als die in Matthäus 6,9–13. Doch sie enthält alle wesentlichen Elemente:
„Vater, dein Name werde geheiligt.“
→ Gott wird als Vater angesprochen – das ist revolutionär. Es geht um Beziehung, nicht um religiöse Distanz.
➤ Hebr. „Abba“ = Papa. Diese Nähe war für Juden ungewohnt – Gott war der „Heilige Israels“. Jesus aber sagt: Der Heilige ist dein Vater!
„Dein Reich komme.“
→ Wir bitten nicht zuerst um unsere Wünsche, sondern dass Gottes Reich Gestalt gewinnt – in der Welt, in der Kirche, in meinem Herzen.
„Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen.“
→ Das Gebet ist konkret – Gott ist nicht nur für die Ewigkeit zuständig, sondern für heute.
➤ Das „tägliche Brot“ erinnert auch an das Manna (Ex 16) – tägliche Versorgung, nicht Vorratshaltung.
➤ Auch ein Ruf zur Genügsamkeit im Alltag: Vertrauen statt Absicherung.
„Vergib uns unsere Sünden; denn auch wir vergeben jedem, der an uns schuldig wird.“
→ Der Zusammenhang ist ernst: Vergebung empfangen heißt, sie weiterzugeben.
➤ „Vergebung ist der Schlüssel, der das Schloss des Grolls sprengt“ (Corrie ten Boom).
„Und führe uns nicht in Versuchung.“
→ Die Bitte um Bewahrung meint: Lass uns nicht in Situationen geraten, in denen wir vom Bösen überwältigt werden.
➤ Vgl. 1 Kor 10,13: „Gott ist treu. Er wird nicht zulassen, dass ihr über eure Kraft versucht werdet.“
3. Das Gleichnis vom bittenden Freund (V. 5–8)
Jesus erzählt: Ein Mann geht nachts zu seinem Freund und bittet um Brot – nicht für sich, sondern für einen Gast. Der andere will nicht aufstehen – aber weil der Freund nicht locker lässt, steht er schließlich doch auf.
➡ Kerngedanke: Nicht, dass Gott „genervt“ ist – sondern: Dranbleiben lohnt sich!
„Unverschämtheit“ (griech. anaideia) ist kein moralischer Tadel, sondern ein Lob des Mutes. Es meint: freches Vertrauen, das sich nicht abschrecken lässt.
➡ Alltag heute: Viele beten nur einmal, und wenn nichts passiert, lassen sie’s. Aber wahres Gebet kennt Geduld.
> „Gebet ist das Atemholen der Seele“ (Augustinus).
Und in diesem Zusammenhang: herzliche Einladung zum Gebetsatelier-Kevelaer.
4. Die Verheißung des erhörten Gebets (V. 9–13)
Jesus bekräftigt:
„Bittet – so wird euch gegeben“
„Suchet – so werdet ihr finden“
„Klopft an – so wird euch geöffnet“
→ Die Verben stehen im griechischen Urtext in der Verlaufsform: Bittet immer wieder, sucht beharrlich, klopft beständig!
➡ Das ist keine Automatik – sondern eine Verheißung für ein Leben im Vertrauen. Gott ist nicht ein Automat, aber ein Vater.
> „Welcher Vater gibt seinem Kind eine Schlange, wenn es um einen Fisch bittet?“
→ Kontrastbild: Gott gibt nicht das Gegenteil des Guten – selbst wenn seine Antwort anders aussieht, als wir erwarten.
„Wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben…“
→ Hier schließt sich der Kreis: Nicht nur Wünsche, sondern Gottes Geist – das Beste, was er geben kann!
➡ Alltag heute: Die größte Gabe Gottes ist nicht ein Geschenk, sondern sein Geist – sein Wesen in uns. Nicht Dinge, sondern Gegenwart.
IV. Historisch-theologische Hintergrundinformationen
In der jüdischen Welt war das Gebet zentral, aber oft liturgisch und fixiert. Jesus zeigt einen neuen, persönlichen Zugang: nicht primär durch Worte, sondern durch Beziehung.
Die Form des Gebets spiegelt die jüdische Tagesstruktur wider – Bitte um tägliches Brot (Morgengebet), Vergebung (Abendgebet), Schutz vor Versuchung (Nacht).
Der Text spricht vom Heiligen Geist als Antwort Gottes – in der Theologie des Lukas ist das eine klare Vorbereitung auf Pfingsten (vgl. Apg 2).
V. Konfessionelle Perspektiven
Katholisch: Das Vaterunser ist zentraler Bestandteil der Eucharistiefeier. Die Bitte um das tägliche Brot wird auch auf das Brot des Lebens, die Eucharistie, bezogen.
➤ Katechismus der Katholischen Kirche (KKK Nr. 2761–2854) legt das Vaterunser ausführlich aus.
Evangelisch: Luther betonte im Kleinen Katechismus, dass das Vaterunser ein täglicher Begleiter im Alltag ist – nicht nur für Gottesdienste.
Freikirchlich / Pfingstlich: Besonders der letzte Vers ist zentral: Der Vater gibt den Heiligen Geist. → Grundlage für das Gebet um Geistesgaben und geistliches Wachstum.
VI. Praktische Anwendung heute
Beten lernen heißt: ehrlich werden. Es geht nicht um perfekte Worte, sondern um Echtheit.
Durchhalten im Gebet. Auch wenn Gott nicht sofort handelt, bleibt er treu.
Nicht der Wunsch ist das Ziel, sondern die Beziehung. Gott erhört nicht nur das Gebet, er gibt sich selbst: seinen Geist.
➡ Frage zum Mitnehmen: Wie oft habe ich aufgehört zu bitten, zu suchen, zu klopfen?
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VII. Fazit – Die zentrale Botschaft
Gott ist nicht ein ferner Herrscher, sondern ein Vater, der hört.
Er liebt es, wenn wir beten – nicht, weil er unsere Bitten braucht, sondern weil er unsere Nähe sucht.
➡ Schwerpunktvers:
> „Wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten!“ (Lk 11,13)
Der Text im Kolosserbrief
In der zweiten Lesung (Kol 2,12–14) zeigt Paulus die Tiefe der Erlösung: Durch die Taufe sind wir mit Christus gestorben und auferweckt. Unsere Schuld ist getilgt – der „Schuldschein“ wurde ans Kreuz geheftet. Der Tod hat keine Macht mehr.
Theologische Auslegung von Kolosser 2,12–14
„Mit Christus begraben – mit Christus lebendig gemacht“
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1. Kontext und Aufbau
Dieser Abschnitt ist Teil eines größeren Gedankengangs in Kol 2,6–15, in dem Paulus vor einem Rückfall in gesetzliche Frömmigkeit warnt und das neue Leben in Christus entfaltet. Der Fokus liegt auf der Taufe als Teilhabe am Tod und der Auferstehung Christi und auf der vollständigen Tilgung der Sünden durch sein Kreuz.
2. Vers-für-Vers-Auslegung mit Hintergrundwissen
Vers 12: „Mit Christus wurdet ihr in der Taufe begraben, mit ihm auch auferweckt durch den Glauben an die Kraft Gottes, der ihn von den Toten auferweckt hat.“
Paulus verwendet hier eine doppelte Bildsprache:
Die Taufe ist Begräbnis: Der alte Mensch stirbt.
Die Taufe (gepaart mit einer echten Bekehrung) ist Auferstehung: Ein neues Leben beginnt.
Im griechischen Grundtext steht das Verb synthapto (begraben mit) und synegeirō (auferweckt mit) – beide betonen die vereinigende Kraft der Taufe mit dem Schicksal Christi.
Die Neue Jerusalemer Bibel merkt an:
> „Taufe ist nicht Symbol, sondern Teilhabe: Der Getaufte durchläuft mit Christus den Tod und wird in das neue Leben eingeführt.“¹
Alltagsbezug:
Man kann es vergleichen mit dem Eintreten in eine neue Staatsbürgerschaft: Die Vergangenheit ist abgeschlossen, der neue Status beginnt – aber nicht passiv, sondern aktiv in Glaube und Entscheidung.
Vers 13: „Ihr wart tot infolge eurer Sünden und euer Fleisch war unbeschnitten; Gott aber hat euch mit Christus zusammen lebendig gemacht und uns alle Sünden vergeben.“
Zwei Schlüsselthemen:
1. „Tot durch Sünde“ – Sünde ist nicht nur moralischer Mangel, sondern geistliche Trennung von Gott (vgl. Eph 2,1).
2. „Unbeschnitten im Fleisch“ – meint hier: Nicht durch Gesetz gerecht. Paulus betont, dass die Zugehörigkeit zu Gott nicht durch äußere Zeichen, sondern durch die Verbindung mit Christus geschieht.
Der evangelische Theologe Joachim Gnilka schreibt:
> „Paulus kehrt die jüdische Argumentation um: Nicht durch äußeres Zeichen wird der Mensch lebendig, sondern durch den Gekreuzigten.“²
Vers 14: „Er hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben. Er hat ihn dadurch getilgt, dass er ihn an das Kreuz geheftet hat.“
Dieses Bild stammt aus dem damaligen Rechtswesen: Wer Schulden hatte, musste einen Schuldschein (griech. cheirographon) vorweisen. Der Schuldner war gebunden – bis zur Rückzahlung. Paulus sagt: Gott hat diesen Schuldschein durchgestrichen – nicht symbolisch, sondern real.
→ Im römischen Kontext wurden Anklagen an das Kreuz genagelt. So wurde öffentlich gemacht, wofür der Gekreuzigte starb. Bei Jesus lautete sie: „König der Juden“ (vgl. Joh 19,19). Paulus weitet dieses Bild aus: Unser Schuldschein wurde an Jesu Kreuz genagelt – und dadurch aus der Welt geschafft.
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3. Theologischer Gehalt
Sünde trennt, Christus verbindet.
Taufe ist Tod und Leben in einem.
Gott vergibt nicht nur – er schafft das Schuldverhältnis ab.
Der Katechismus der Katholischen Kirche betont in Nr. 977:
> „Das Sakrament der Taufe ist das erste und vornehmste Mittel zur Vergebung der Sünden.“³
Der Heilige Augustinus beschreibt dieses Geschehen so:
> „Wir steigen herab ins Wasser und legen das alte Leben ab. Wir steigen auf, und mit uns erhebt sich der neue Mensch.“⁴
Billy Graham sagte:
> „Es ist nicht deine Kraft, die dich von deiner Schuld befreit – sondern der Akt Gottes, der deinen Schuldschein zerriss, als sein Sohn für dich starb.“⁵
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4. Verbindung zu Alltag und geistlichem Leben
Für viele Christen bleibt Schuld ein quälendes Thema – auch nach der Taufe. Paulus erinnert uns: Der Schuldschein existiert nicht mehr. Wer in Christus ist, lebt aus der Vergebung, nicht aus Selbstanklage.
Das bedeutet konkret:
Ich muss mich nicht mehr schuldig fühlen für das, was Christus bereits vergeben hat.
Ich darf anderen vergeben, weil ich weiß: Auch mein Schuldschein ist getilgt.
Ich darf als neuer Mensch leben – nicht perfekt, aber befreit.
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Zusammenfassung theologischer Einsichten
Taufe ist mehr als Ritual – sie verbindet uns real mit Tod und Auferstehung Christi.
Vergebung ist mehr als Entschuldigung – es ist die Tilgung aller Schuld durch das Kreuz.
Neues Leben beginnt hier und jetzt – aus Gnade, im Glauben, getragen durch den Heiligen Geist.
Kurzform: Historischer und theologischer Hintergrund
Die Szene zwischen Abraham und Gott ist einzigartig im Alten Testament. Es handelt sich um einen sogenannten Bittdialog, wie er in altorientalischen Fürbitt-Traditionen durchaus bekannt war. Doch die Tiefe der Gottesbeziehung bei Abraham ist neu: Er redet mit Gott wie mit einem Freund (vgl. Ex 33,11). In der Stuttgarter Erklärungsbibel heißt es: „Abrahams Fürsprache ist getragen von Gottesgerechtigkeit und seiner Erkenntnis, dass der Herr auch den Gerechten kennt.“¹
Jesu Gleichnis im Lukasevangelium betont weniger die Freundschaft als die Hartnäckigkeit im Bitten (griechisch: anaideia – „Unverschämtheit“). Das griechische Wort bezeichnet ein anhaltendes, beharrliches Drängen – nicht aus Zweifel, sondern aus Vertrauen.
Der Kolosserbrief betont den juristischen Aspekt der Vergebung: Gott hebt den „Schuldschein“ (gr. cheirographon) auf. In der Neue Jerusalemer Bibel wird erklärt: „Das Bild stammt aus der Geschäftswelt: Gott vernichtet die Schuldurkunde – der Schuldner ist frei.“²
Verknüpfung durch ein Alltagsbeispiel
Stellen wir uns vor, ein Mensch sitzt vor einem Gericht und weiß: Die Beweise gegen ihn sind erdrückend. Doch dann hebt der Richter die Anklage auf – nicht weil er unschuldig wäre, sondern weil jemand anderes für ihn bezahlt hat.
So ist es mit uns. Die Schuld ist real, aber sie wurde ans Kreuz geheftet, wie Paulus sagt. Deshalb dürfen wir – wie Abraham – mit Gott reden. Deshalb dürfen wir – wie Jesus es lehrt – bitten, suchen, anklopfen.
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Innerer Zusammenhang der drei Texte
Die drei Lesungen stehen unter dem großen Thema der Gottesbeziehung im Gebet.
Genesis zeigt das Fürbittgebet: Abraham spricht mit Gott, fast handelnd.
Lukas zeigt das Vertrauensgebet: Jesus lehrt das Vaterunser, ruft zur Beharrlichkeit.
Kolosser zeigt das Fundament des Gebets: Wir dürfen beten, weil wir durch Christus befreit wurden.
Der thematische Schwerpunkt liegt auf dem Vertrauen, dass Gott nicht nur hört, sondern handelt.
Erfahrungen aus Gemeinde und Leben
In vielen freikirchlichen Kreisen ist es üblich, in kleinen Gruppen füreinander zu beten – oft mutig und direkt. Eine Baptistenpastorin erzählte, wie sie im Gebet einmal für einen kranken Jugendlichen eintrat. „Ich wusste nicht, ob Gott heilen würde. Aber ich wusste, dass er hört.“ Später wurde der Junge gesund. Die Ursache? Medizin – sicher. Doch auch Gnade.
Der heilige Augustinus sagte: „Gott hat uns ohne uns erschaffen, aber er will uns nicht ohne uns erlösen.“³ – Unser Bitten gehört zur Erlösung.
Appell
Liebe Freunde, betet mutig! Auch wenn es euch zu viel scheint – auch wenn ihr euch nicht würdig fühlt – Gott hört. Redet mit ihm wie Abraham. Klopft an wie der bittende Freund. Vertraut auf das Kreuz wie Paulus. Denn der Schuldschein ist zerrissen.
Fürbitten
1. Guter Gott, stärke alle, die in Krisenregionen ohne Hoffnung leben – dass sie dich als hörenden Gott erfahren.
2. Wir bitten dich für Politikerinnen und Politiker weltweit: Lass sie gerechte Wege für ihre Völker suchen.
3. Für alle, die beten, aber keine Antwort hören – stärke ihr Vertrauen durch Menschen an ihrer Seite.
4. Für unsere Gemeinden: Lass uns Menschen der Fürbitte und Ermutigung sein.
5. Für die Opfer von Krieg und Vertreibung in der Ukraine, in Israel und im Sudan – schenke Frieden und Recht.
6. Für alle, die das Evangelium verkünden – in Kirchen, auf der Straße, online: Erfülle sie mit deinem Geist.
7. Für unsere Kinder und Jugendlichen: Bewahre sie vor Gewalt und Gleichgültigkeit und schenke ihnen lebendigen Glauben.
Literaturhinweise:
Augustinus. Enarrationes in Psalmos, Ps 118,22.
Augustinus. Predigten zum Johannes-Evangelium, Traktat 17,10.
Basilius der Große. Über den Heiligen Geist, Kap. 9. In: Bibliothek der Kirchenväter, München: Kösel, 1929.
Benedikt XVI. (Joseph Ratzinger). Jesus von Nazareth, Bd. 1, Freiburg: Herder, 2007, S. 143.
Billy Graham. Peace with God, Waco: Word Books, 1953, Kap. 9.
Bultmann, Rudolf. Das Evangelium des Lukas. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1985.
Elberfelder Bibel mit Erklärungen. 9. Aufl., Wuppertal: R. Brockhaus Verlag, 2023.
Gnilka, Joachim. Der Kolosserbrief, Freiburg: Herder, 1980.
Irenäus von Lyon. Gegen die Häresien, III,16,3. In: Irenäus. Schrift gegen die Häresien, Freiburg: Herder, 1995.
Katechismus der Katholischen Kirche. Nr. 977. Vatikan: Libreria Editrice Vaticana, 1997.
Luther, Martin. Der Große Katechismus, WA 30/1, S. 130.
Neue Jerusalemer Bibel. 3. Aufl., Freiburg: Herder, 1985.
Rashi. Kommentar zu Gen 18,32. Zitiert nach: The Soncino Chumash, London: Soncino Press, 1983.
Stuttgarter Erklärungsbibel. 3. Aufl., Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2007.
Internetquellen (alphabetisch sortiert)
→ https://schott.erzabtei-beuron.de/jk17/SonntagC.htm?datum=2025-07-27&r=1
→
www.vaticannews.va/de/evangelium-des-tages.html
Erstellt von Werner Th. Jung. Fragen? Verbesserungsvorschläge? Schreiben Sie mir.
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Predigt Nr.: 2 für Sonntag den 27. Juli 2025:
Sodom - Vaterunser - Kreuz
Thema der Predigt: Bittet, sucht, klopft an – Die Kraft des beharrlichen Gebets und der göttlichen Barmherzigkeit
(Schwerpunkt "Vater Unser")
Bibeltexte:
Genesis 18,20–32 → https://www.bibleserver.com/EU/Genesis18%2C20-32
Kolosser 2,12–14 → https://www.bibleserver.com/EU/Kolosser2%2C12-14
Lukas 11,1–13 → https://www.bibleserver.com/EU/Lukas11%2C1-13
Quelle der Bibeltexte: https://www.vaticannews.va/de/tagesevangelium.html
Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen,
heute laden uns die Lesungen ein, über die Macht des Gebets, die Geduld Gottes und die Hoffnung auf Vergebung nachzudenken. Sie zeigen uns, wie aus beharrlichem Bitten neue Hoffnung erwächst und wie Gott selbst dort Barmherzigkeit schenkt, wo wir es kaum zu hoffen wagen.
Abraham begegnet dem Herrn und hört von der Schuld Sodoms und Gomorras. Doch statt sich abzuwenden, tritt er für die Menschen ein. Immer wieder bittet er um Verschonung – zuerst für fünfzig, dann für immer weniger Gerechte, bis er bei zehn ankommt. Der Herr lässt sich auf dieses Bitten ein und zeigt: Auch wenige Gerechte können Segen für viele sein.
Im Evangelium lehrt Jesus seine Jünger das Vaterunser. Es ist das Grundgebet, das uns mit Gott verbindet: Wir bitten um das Notwendige, um Vergebung und um Beistand. Jesus erzählt auch das Gleichnis vom Freund, der nachts Brot erbittet, und er mahnt: Bittet, sucht, klopft an – Gott wird euch hören. Er ist ein Vater, der Gutes schenkt, vor allem den Heiligen Geist.
Der Brief an die Kolosser erinnert uns daran, was Gott bereits für uns getan hat: Durch die Taufe sind wir mit Christus gestorben und auferstanden. Der Schuldschein, der uns anklagte, wurde am Kreuz getilgt – ein Zeichen endgültiger Vergebung und Erlösung.
Diese Texte verbindet ein zentrales Thema: Die barmherzige Zuwendung Gottes, die durch das beharrliche Gebet des Menschen erbeten wird und im Opfer Christi ihre Erfüllung findet.
Abrahams Fürbitte
Abraham zeigt uns den Mut der Fürbitte. Er ringt um Erbarmen, obwohl er weiß, dass er nur „Staub und Asche“ ist (Gen 18,27). Hier begegnet uns das Bild des Gläubigen, der sich nicht mit dem Unheil abfindet, sondern mit Gott ins Gespräch tritt – ein Vorbild für alle, die heute für Frieden und Gerechtigkeit beten. In der Stuttgarter Erklärungsbibel wird betont: „Abrahams Fürbitte zeigt, dass Gott sich bewegen lässt und auf das Gebet antwortet“ (Stuttgarter Erklärungsbibel, 2007, S. 49).
Liebe Schwestern , liebe Brüder, lasst uns Zeiten der Fürbitte haben: für die Politiker, die geistlichen Leiter, die Familie – ganz konkret!
Als Petrus im Gefängnis war betete die ganze Gemeinde inständig. Das wurde erhört!
Das Vaterherz Gottes
Jesus führt dieses Thema fort. Er zeigt: Wer bittet, darf auf eine Antwort hoffen. Das Bild des Vaters, der dem Kind keinen Skorpion statt eines Eis gibt, macht deutlich, dass Gottes Güte weit über die irdische Vaterliebe hinausgeht. In der Elberfelder Bibel mit Erklärungen lesen wir dazu: „Das Gleichnis unterstreicht die Bereitschaft Gottes, das zu geben, was dem Beter wirklich dient“ (Elberfelder Bibel, 2023, S. 1561).
Der Schuldschein
Paulus schließlich verweist auf das Kreuz. Dort wurde der Schuldschein, der uns anklagte, durchgestrichen. Der Gedanke des Bittens wird hier ergänzt: Was wir erbitten dürfen, das hat Gott in Christus schon grundgelegt. Der heilige Augustinus schreibt dazu: „Christus hat uns erlöst, nicht weil wir es verdient hätten, sondern weil Gott uns zuerst geliebt hat“ (Augustinus, Enarrationes in Psalmos, Psalm 32, Sermon 1).
Praktisch können wir uns fragen: Wann sind wir wie Abraham? Für wen setzen wir uns ein? Vielleicht für den Nachbarn, der einsam ist? Oder für die Kollegin, die unter Mobbing leidet? Vielleicht für ein krankes Kind oder für Frieden in der Welt? Und: Bitten wir wie der Freund in Jesu Gleichnis, unermüdlich, mit Vertrauen? Der Baptistenprediger Charles Spurgeon ermutigte: „Das Gebet ist der Schlüssel, der den Himmel öffnet“ (Spurgeon, Lectures to My Students, Bd. 1, S. 58).
Dabei ist unser besonderes Thema heute: Die Kraft des beharrlichen Gebets, das durch die Liebe Gottes Antwort findet. Dieses Gebet ist keine Pflichtübung, sondern Ausdruck unseres Vertrauens.
Historisch wissen wir: Die Städte Sodom und Gomorra galten im Alten Orient als Inbegriff des Frevels. Abrahams Fürbitte war eine kühne Geste gegenüber dem damals üblichen Gottesbild, das eher den strafenden als den barmherzigen Gott kannte. Auch das Vaterunser war ein revolutionäres Gebet: Kein furchtsamer Untertan spricht hier, sondern ein Kind, das den Vater bittet. Die Bekehrung + Taufe, auf die Paulus verweist, waren in den ersten Gemeinden ein radikaler Neuanfang – ein symbolischer Tod des alten Menschen.
Monika betete für Augustinus
Aus dem Leben von Heiligen wissen wir: Die heilige Monika hat Jahrzehnte für die Bekehrung ihres Sohnes Augustinus gebetet – und wurde erhört. Augustinus selbst bezeugt das in seinen Confessiones (III,11).
Ökumenisch verbindet diese Botschaft alle Christen: Ob in der katholischen Kirche, im evangelischen Bereich oder in der Freikirche – das Gebet und das Vertrauen auf Gottes Erbarmen sind gemeinsame Grundlagen. Luther betonte: „Im Gebet sollen wir nicht müde werden, sondern täglich darin wachsen“ (Luther, Großer Katechismus, 1529, S. 104). Billy Graham sagte: „Das Gebet ist die mächtigste Waffe, die ein Christ besitzt“ (Graham, Peace with God, 1953, S. 143).
Liebe Gebetsatelierfreunde und -freundinnen, nehmen wir diese Botschaft mit: Gott hört unser Gebet. Er wartet auf unser Bitten, Suchen und Anklopfen. Und er schenkt nicht nur das Nötige, sondern sich selbst, in der Gabe des Heiligen Geistes.
Exkurs (Schwerpunkt): Das "Vater unser"
Alltagspraktische Auslegung des Vaterunsers
Vater, geheiligt werde dein Name…
Wir sprechen Gott als unseren Vater an. Das zeigt: Wir haben eine persönliche Beziehung zu ihm, dürfen mit kindlichem Vertrauen zu ihm kommen. "Geheiligt werde dein Name" bedeutet: Wir wollen Gottes Namen ehren und ihn in unserem Leben groß machen. Praktisch zeigt sich das, wenn wir durch ehrliches, gutes Handeln Gottes Liebe sichtbar werden lassen. (vgl. KKK 2807).
Ihr Lieben, ich persönlich vermeide beim Erstaunen Sprüche wie „Mein Gott“
. Ich möchte in Ruhe und Ehrfurcht zu meinem Vater beten.
…Dein Reich komme…
Hier bitten wir darum, dass Gottes Reich der Liebe, des Friedens und der Gerechtigkeit immer mehr Wirklichkeit wird. Das geschieht, wenn wir in unserem Alltag Nächstenliebe leben, uns für Frieden einsetzen und anderen helfen. (vgl. Luther, Großer Katechismus, 1529). Will ich eigentlich wirklich, dass GOTTES Reich in mein Leben kommt? Sollen die geheimen Schmuddelecken in meinem Herzen wirklich für das Reich Gottes weichen?
Bete das nur, wenn du es genau so meinst!
Leier dieses herrliche Gebet nicht einfach runter!
…gib uns täglich das Brot, das wir brauchen...
Diese Bitte richtet sich an alles, was wir zum Leben nötig haben. Wir vertrauen darauf, dass Gott uns das gibt, was wir brauchen, und erkennen zugleich unsere Abhängigkeit von ihm an. Das motiviert uns zu Dankbarkeit und zum Teilen mit Bedürftigen. (vgl. Graham, Peace with God, 1953). Diese Bitte hat für verschiedene Menschen eine unterschiedliche Existenztiefe. Manche hungern, andere haben Überfluss. Die Reichen sollten Gottes Hände sein, die den Armen das Brot reichen.
Wir dürfen aber auch diese Bitte, um das tägliche Brot zusätzlich sinngemäß auf Christus deuten. Er ist das Brot des Lebens. Ihn wollen wir täglich erleben.
In der Bibel spielt Brot eine zentrale Rolle, sowohl als Grundnahrungsmittel als auch als Symbol für verschiedene religiöse und spirituelle Konzepte. Es wird an über 260 Stellen erwähnt.
Brot als Grundnahrungsmittel:
Brot ist eine lebensnotwendige Speise, die im Alltag der Menschen eine wichtige Rolle spielte.
Im Vaterunser wird um "unser tägliches Brot" gebeten, was sowohl materielle als auch geistige Nahrung meint.
Manna, das in der Wüste vom Himmel fiel, wird als eine Art von Brot beschrieben. Es hatte einen süßen Geschmack und wurde als etwas Feinens und Knuspriges wahrgenommen.
Brot als Symbol:
Brot wird oft als Geschenk Gottes gesehen.
Jesus bezeichnet sich selbst als "Brot des Lebens" (Johannes 6:35), was bedeutet, dass er die Quelle des ewigen Lebens ist und wer an ihn glaubt, wird nie mehr hungern oder dürsten.
Das Teilen von Brot, wie bei der wundersamen Brotvermehrung (Matthäus 14:13-21), symbolisiert die Fülle und die Gemeinschaft.
Brot wird auch beim letzten Abendmahl zum Symbol für den Leib Christi.
Es steht auch für das Wort Gottes, das die Menschen nährt und ihnen Kraft gibt (Matthäus 4:4).
Matze, das ungesäuerte Brot, das während Pessach gegessen wird, erinnert an den Auszug der Israeliten aus Ägypten und den Verzicht auf Gesäuertes.
Brot im Kontext der Bibel:
In 1. Mose 3:19 wird beschrieben, dass der Mensch sein Brot im Schweiße seines Angesichts essen wird.
In Sprüche 9:5 heißt es: "Kommt her, esst von meinem Brot und trinkt von dem Wein, den ich gemischt habe."
In Jesaja 55:2 wird die Frage gestellt: "Warum gebt ihr Geld aus für das, was keine Speise ist, und euren Verdienst für das, was nicht satt macht?"
In Hosea 2:11 heißt es: "Darum will ich ihr Korn zur rechten Zeit wiedergeben und ihren Most, dass sie nicht hungern soll."
In Matthäus 6:11 heißt es: "Unser tägliches Brot gib uns heute."
Diese Beispiele zeigen, dass Brot in der Bibel nicht nur als Nahrung, sondern auch als tiefgründiges Symbol für verschiedene Aspekte des Glaubens und der menschlichen Existenz steht.
…und erlass uns unsere Sünden; denn auch wir vergeben unseren Schuldigern…
Wir bitten um Vergebung und verpflichten uns zugleich, anderen zu vergeben. Das ist oft schwer, aber Vergebung befreit. Im Alltag bedeutet das, nicht in Groll zu verharren, sondern Versöhnung zu suchen. (vgl. Bonhoeffer, Gemeinsames Leben, 1939).
Pastor Hajo Klösel führte 2021 in Duisburg in einer Predigt aus: „Wer wirklich vergeben hat, der redet nicht mehr schlecht über denjenigen“. Auch das hinterm Rücken Reden und Tuscheln über geistliche Leiter „Was denkt der sich eigentlich? Dass der heiliger ist als wir?“ hat nichts mit Vergebung zu tun.
Sei vorsichtig bei diesem Gebet! Soll Gott dir wirklich nur so vergeben wie DU gerade jetzt vergibst bzw. nicht vergibst?
…und führe uns nicht in Versuchung...
Gott führt uns nicht in Versuchung, aber er lässt Versuchungen zu, damit unser Glauben geprüft wird.
Wir bitten Gott um Hilfe, damit wir nicht in Situationen geraten, in denen wir das Gute verlieren. Das Gebet erinnert uns daran, wachsam zu sein, auf Gottes Kraft zu bauen. (vgl. Spurgeon, The Power in Prayer, 1893)
Sage NEIN zur Sünde. Die Versuchung, der ich nachgehe, führt zur Sünde.
Denn es gilt „Offenkundig sind aber die Werke des Fleisches, als da sind: Unzucht, Unreinheit, Ausschweifung, 20 Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Hader, Eifersucht, Zorn, Zank, Zwietracht, Spaltungen, 21 Neid, Saufen, Fressen und dergleichen. Davon habe ich euch vorausgesagt und sage noch einmal voraus: Die solches tun, werden das Reich Gottes nicht erben.“ Galater 5,19 - 21
…sondern erlöse uns von dem Bösen…
Diese Bitte ist ein Ruf nach Schutz vor allem, was uns von Gott trennt. Sie drückt Vertrauen darauf aus, dass Gott stärker ist als das Böse. Sie lädt uns ein, im Alltag auf das Gute zu achten und das Böse zu meiden. Dieser Ruf zeigt aber auch die persönliche Entscheidung gegen das Böse!
…denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Dieser Schlusssatz ist ein Bekenntnis des Vertrauens: Alles gehört Gott – das Reich, die Kraft, die Herrschaft für immer. Das gibt uns Gelassenheit und Hoffnung, dass Gottes Wille geschieht und wir in seiner Liebe geborgen sind. Das Amen ist unser kräftiges "So sei es!" (vgl. KKK 2855; Luther, Großer Katechismus, 1529)
Weitere Ausführungen zum Vaterunser gibt es hier von Rainer Harter, Leiter des Gebetshauses in Freiburg. https://www.youtube.com/watch?v=n7W5Nx5XITM
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Abschließender Appell: Lasst uns betende Menschen sein – für unsere Familien, unsere Gemeinde, unsere Stadt. Setzt euch ein, wie Abraham, und haltet fest an Gottes Güte, wie Jesus es lehrte. Glaubt daran, dass kein Gebet vergeblich ist.
Schlussgebet (Fürbittenform):
Guter Gott, wir bitten dich für alle, die betend um Frieden und Gerechtigkeit ringen – stärke ihr Vertrauen.
Wir bitten dich für unsere Kirche und Gemeinde – dass sie ein Haus des Gebets für alle Menschen sei.
Wir bitten dich für die Regierenden – dass sie auf die Stimme des Gewissens hören.
Wir bitten dich für alle, die sich verloren fühlen – dass sie deine Barmherzigkeit erfahren.
Wir bitten dich für unsere Gemeinde – dass wir füreinander eintreten wie Abraham.
Wir bitten dich für uns selbst – dass wir im Gebet wachsen und deinen Heiligen Geist empfangen. Amen.
Literaturverzeichnis:
Augustinus. Enarrationes in Psalmos, Psalm 32, Sermon 1.
Elberfelder Bibel mit Erklärungen. 9. Aufl. Wuppertal: Brockhaus, 2023.
Graham, Billy. Peace with God. Garden City: Doubleday, 1953.
Luther, Martin. Großer Katechismus. 1529. In: Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1959.
Spurgeon, Charles. Lectures to My Students. Vol. 1. London: Passmore & Alabaster, 1875.
Stuttgarter Erklärungsbibel. 3. Aufl. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2007.
Literaturhinweise bezüglich des "Vater unser"
- Bonhoeffer, Dietrich. Gemeinsames Leben. München: Chr. Kaiser, 1939.
- Graham, Billy. Peace with God. Garden City: Doubleday, 1953.
- Harter, Rainer https://www.youtube.com/watch?v=n7W5Nx5XITM
- Katechismus der Katholischen Kirche. München: Pattloch, 1993.
- Luther, Martin. Großer Katechismus. 1529. In: Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1959.
- Spurgeon, Charles. The Power in Prayer. London: Passmore & Alabaster, 1893.
Bibelstellen:
Genesis 18,20–32 → https://www.bibleserver.com/EU/Genesis18%2C20-32
Kolosser 2,12–14 → https://www.bibleserver.com/EU/Kolosser2%2C12-14
Lukas 11,1–13 → https://www.bibleserver.com/EU/Lukas11%2C1-13
Quelle: https://www.vaticannews.va/de/tagesevangelium.html
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